Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Demonstrant fordert gar die Präsidentschaftskandidatur der homophoben Standesbeamtin.

Foto: Reuters/Tilley

Washington – Wegen ihrer Weigerung aus religiösen Gründen, Trauscheine für homosexuelle Paare auszustellen, erhält die inhaftierte homophobe US-Standesbeamtin Kim Davis zunehmend Beistand von Gleichgesinnten. Hunderte Unterstützer gingen am Samstag im Bundesstaat Kentucky vor dem Gefängnis in Grayson auf die Straße, der Bürgermeister sprach von einem "historischen Moment".

Unterdessen wurde in Davis' Standesamt erstmals ein homosexuelles Paar getraut. "Gott segne euch und Gott segne Kim Davis", rief der Bürgermeister von Grayson, George Steele, den Demonstranten vor dem Gefängnis zu, wie der Fernsehsender WKYT berichtete. Viele der Demonstranten waren aus Davis' Standesamtsbezirk Rowan County nach Grayson gekommen, das mehr als 120 Kilometer entfernt ist.

"Kriminalisierung des Christentums"

Für kommenden Dienstag hat der republikanische US-Präsidentschaftsbewerber Mike Huckabee eine größere Kundgebung in Grayson angekündigt. Der einstige Baptistenprediger will Davis im Gefängnis besuchen und danach nach eigenen Worten gegen die "Kriminalisierung des Christentums in diesem Land" protestieren.

Davis hatte gleichgeschlechtlichen Paaren den Trauschein verweigert und sich damit einer Entscheidung des Obersten Gerichts widersetzt, der die Homosexuellen-Ehe überall in den USA erlaubt hatte. Am Donnerstag wurde die evangelikale Christin aus dem Gerichtssaal abgeführt, nachdem sie dem Richter gegenüber angegeben hatte, eine Trauung gleichgeschlechtlicher Paare verstoße gegen ihren Glauben. Bundesrichter David Bunning schickte sie deshalb in Beugehaft. Die 49-Jährige soll erst freikommen, wenn sie sich an die Anordnung hält, auch Trauscheine für schwule und lesbische Paare auszustellen.

"Bei guter Laune"

Davis' Anwalt hatte am Freitag erklärt, dass die Beamtin weder zurücktreten noch "gegen ihren Glauben verstoßen und ihren Gott verraten" werde. Sie sei bereit, für ihre Entscheidungen die Konsequenzen zu tragen. Ihr Ehemann sagte am Samstag dem Sender WKYT, seine Frau sei "bei guter Laune". Sie habe noch am Freitagabend Scherze gemacht und gelacht und ihm versichert, dass es ihr gutgehe. "Sie wird das schon schaffen", sagte er. Am Freitag hatte er erklärt, seine Frau sei bereit, "so lange wie nötig" im Gefängnis zu bleiben.

Nach der Inhaftierung von Davis stellte ihr Standesamt am Freitag erstmals einem homosexuellen Paar einen Trauschein aus. Wie WKYT berichtete, ließen sich James Yates und William Smith in Rowan County trauen – nachdem sie zuvor mehrfach abgewiesen worden waren.

In seinem Urteil gegen Davis hatte Richter Bunning ihre Stellvertreter angewiesen, ab Freitag gleichgeschlechtliche Paare zu trauen. Laut WKYT willigten fünf ihrer sechs Stellvertreter ein – nur Davis' Sohn widersetzte sich der Anordnung des Richters.

Symbolischer Kampf gegen Moderne

Der Supreme Court hatte Ende Juni in einem historischen Urteil die Homosexuellen-Ehe überall in den Vereinigten Staaten erlaubt. Die Obersten Richter erklärten Verbote von gleichgeschlechtlichen Eheschließungen in einer Reihe von US-Staaten für verfassungswidrig. Der Widerstand gegen die Homosexuellen-Ehe ist in konservativ geprägten Gegenden im Mittleren Westen und im Süden der USA aber weiter groß.

Davis ist zu einem Symbol für den Kampf zwischen Moderne und Konservatismus in den USA und zwischen dem verfassungsrechtlich verankerten Recht auf freie Religionsausübung und anderen Gesetzen geworden. Sie selbst sagt, sie habe keine Vorurteile, aber ihr Glaube stehe über allem. "Ich liebe meinen Herrn und muss ihm und dem Wort Gottes gehorsam sein", sagte Davis. (red, APA, 6.9.2015)