Wien/Klosterneuburg – Wenn die peripheren Nervenzellen Informationen ans Gehirn senden, greifen sie dazu auf ihre eigene "Sprache" zurück, die aus Erregungszuständen (Aktionspotenzialen) und Ruhephasen zusammengesetzt ist. Die Verteilung dieser "Worte" ist mit jener in der menschlichen Sprache vergleichbar, berichten Forscher des Institute of Science and Technology (IST) Austria und Kollegen im Fachjournal "Pnas".

Das Forscherteam um Gasper Tkacik vom IST Austria in Klosterneuburg hat analysiert, welche Signale eine Salamander-Netzhaut durch den Sehnerv schickt, wenn man ihr einen Schwarz-Weißfilm mit schwimmenden Fischen vorspielt. Als Werkzeug verwendeten sie dazu physikalisch-statistische Formeln aus der Thermodynamik.

"Wir fanden dabei eine ungewöhnliche Eigenschaft: Die Wahrscheinlichkeit, wie oft bestimmte Muster vorkommen, und die Anzahl ihres Auftretens sind unglaublich präzise ausbalanciert", sagte Tkacik. Es hängt also strikt zusammen, wie kompliziert und damit unwahrscheinlich, und wie (wenig) oft solche "Nervensprache-Worte" verwendet werden.

Parallelen zur menschlichen Sprache

Ähnliche statistische Zusammenhänge gäbe es bei der menschlichen Sprache. Bekannt ist das als Zipfsches Gesetz, benannt nach dem US-Sprachwissenschafter George Kingsley Zipf, der es in den 1930er Jahren aufstellte.

Die Erkenntnisse lassen sich freilich auch in der Sprache der Thermodynamik formulieren: Demnach ergäbe sich aus der Entropie und der Energie jeder Nervenzelle eine mathematische Funktion, deren Form nahe einem (allerdings ungewöhnlichen) 'kritischen Punkt' ins Gleichgewicht verfällt. Ein 'kritischer Punkt' ist in der Thermodynamik das Ende einer Dampfdruckkurve, ab dem die Grenzen zwischen Gas und Flüssigkeit verschwinden. Mathematisch gesehen entspreche also die Verteilung von Botschaften, die etwa die Netzhaut an das Gehirn sendet, dem Verhalten von Materie nahe eines solchen kritischen Punktes, so die Forscher. (APA/red, 7.9.2015)