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Jean-Marie Le Pen führt einen Krieg gegen seine Tochter

AP / Claude Paris

Marseille/Paris – Jean-Marie Le Pen hat ein großes Mundwerk, aber einen doch eher kurzen Atem. Nicht zum ersten Mal hat sich der französische Rechtsextremist am Wochenende als unfähig erwiesen, eine Drohung wahrzumachen. Nach seinem Ausschluss aus dem Front National (FN) hatte er angekündigt, er werde sich notfalls mit Gewalt Zutritt zur Sommertagung der Partei in Marseille verschaffen. Er vereinte in der Hafenstadt zwar ein paar Hundert Getreue zu einer Gegenveranstaltung, wagte sich dann aber nicht zu dem großen Saal, in dem FN-Präsidentin Marine Le Pen auftrat.

Die Tochter konnte sich deshalb entspannt feiern lassen. Neben der Leuchtinschrift "Marine présidente" lancierte sie den Wahlkampf für die Regionalwahlen im Dezember, die als letzter Test vor den Präsidentschaftswahlen 2017 gelten. Ihren Vater erwähnte sie mit keinem Wort.

Thema Migration

Während in mehreren französischen Städten Solidaritätskundgebungen mit Flüchtlingen stattfanden, wetterte die FN-Chefin gegen die "Last der Migration" und behauptete, Illegale würden "besser behandelt als die Franzosen". Um der "Gefahr" der Islamisten Herr zu werden, versprach sie die Schließung radikaler Moscheen.

Auch wenn die FN-Chefin die peinlichen TV-Bilder eines Handgemenges zwischen Familienangehörigen erspart blieb, bleibt ihr rachsüchtiger Vater ein Störfaktor. Der 87-Jährige kündigte in Marseille die Gründung einer "blau-weiß-roten Sammlungsbewegung" an. Ihr könnten viele Vichy- und Algerien-Nostalgiker folgen, die Le Pens rassistische und antisemitische Sprüche mögen. Die neue Formation wird aber wenig Gewicht haben im Vergleich zum Front National, der derzeit stärksten Partei Frankreichs, die Marine Le Pen nach Belieben kontrolliert. Aber "der Alte" ist immer noch in der Lage, seiner Tochter ein paar Steine in den Weg legen.

Image als Selbstzerstörer

Frankreichs extreme Rechte wird damit wieder einmal ihrem – letztlich beruhigenden – Ruf gerecht, sich lieber selbst zu zerfleischen, als an die Macht zu kommen.

Ihr Einfluss erreicht trotzdem einen Höhepunkt: Die "Republikaner" von Nicolas Sarkozy richteten ihre eigene Parteitagung am Samstag ganz auf die FN-Parolen aus. Das geschah sicherlich auch aus der Befürchtung heraus, dass die Migrationsfrage der Le-Pen-Partei neuen Auftrieb verschaffen wird. (Stefan Brändle, 6.9.2015)