Bild nicht mehr verfügbar.

Versicherer decken Fonds-Klagen nun doch.

Foto: apa / wagner

Wien – Rund um geschlossene Fonds, typischerweise Schiffs- oder Hollandfonds, mit denen tausende Österreicher Geld verloren haben, müssen sich nicht nur die deutschen Emittenten und österreichischen Banken mit Klagen herumschlagen. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) ist auch gegen Rechtsschutzversicherer vorgegangen und hat mehrmals Recht bekommen. Jetzt decken die Versicherer Fonds-Klagen doch.

Ursprünglich haben sich die Versicherungen geweigert, Klagen gegen Banken, die etwa Fonds des deutschen Emissionshauses MPC als relativ risikolos verkauft haben, zu bezahlen. Sie haben mehrerlei Argumente vorgebracht: Geschlossene Fonds seien eine spekulative Anlage, die Erfolgsaussichten seien zu gering, das ganze schon verjährt.

Damit sind sie vor Gericht aber nicht durchgekommen. Einige betroffene Fondsbesitzer hatten sich an den VKI gewandt, welcher dann mehrere Klagen angestrengt hat.

Spekulationsklausel

Gegen die Rechtsschutzversicherung ARAG liegt sogar schon ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) vor. Im Mai hat das Höchstgericht entschieden, dass die ARAG einem Kleinanleger, der mit einem MPC-Hollandfonds eingefahren ist, eine Klage gegen die verkaufende Bank zahlen muss. Die ARAG wollte nicht decken und berief sich dabei auf die sogenannte Spekulationsklausel: Eine Kommanditbeteiligung an einem ausländischen Fonds, wie sie der Anleger eingegangen war, stelle ein extrem hohes spekulatives Risiko dar, ein Totalverlust sei zu erwarten. Mit diesem Argument blitzte die ARAG ab.

Rund einen Monat später erfolgten zwei Beschlüsse des Oberlandesgerichts (OLG) Wien. Diesmal ging es unter anderem um die Frage der Verjährung bei MPC-Klagen; die ARAG hatte wieder nicht zahlen wollen, da die Schadenersatzansprüche, die die Versicherungsnehmer vor Gericht geltend machen wollten, bereits verjährt seien. Das Gericht sah das anders und entschied zugunsten der Anleger.

Gegen Berufung

In Österreich müssen Schadenersatzansprüche spätestens drei Jahre nach Kenntnis von Schaden und Schädiger geltend gemacht werden. Viele Male wird vor Gericht darüber gestritten, wann genau diese Frist zu laufen beginnt – mit dem Ausbleiben erster Ausschüttungen oder erst mit dem Medienberichten über die Risiken bei Schiffs- und Hollandfonds?

Ende Juli entschied das OLG Wien erneut gegen die ARAG und erklärte eine Berufung der Rechtsschutzversicherung für unberechtigt. Die Beklagte habe die Deckung von Klagen wegen dreier geschlossener Fonds zu Unrecht verweigert, heißt es in dem Urteil (1 R 77/15y), das der APA vorliegt. Das Verfahren drehte sich um mehrere Ausschlussgründe, die die ARAG vorgebracht hatte, darunter Verjährung, unternehmerische Investitionstätigkeit, Gefahrenerhöhung und fehlende Erfolgsaussichten.

Verjährungsfrist

Eine ähnliche Niederlage vor Gericht musste jüngst auch die D.A.S. Österreichische Allgemeine Rechtsschutz-Versicherungs-AG hinnehmen. Das Wiener Handelsgericht (HG) verwirft in einem – nicht rechtskräftigen – Urteil, das der APA ebenfalls vorliegt, den Verjährungseinwand der Versicherung. Die Verjährungsfrist könne erst dann beginnen, wenn ein Konsument mit der Entstehung von Rechtskosten für die Verfolgung seiner Ansprüche rechnen muss. Es komme somit nicht darauf an, "ab wann der Kläger Kenntnis von einem Schadenersatzanspruch gegen den Dritten hatte oder fahrlässigerweise nicht hatte", so das HG (10 Cg 17/15b-8). Der Versicherungsnehmer hat laut Urteil auch seine Auskunftspflicht nicht verletzt, ebenso wenig seien die Erfolgsaussichten der Klage mangelhaft.

Der vom VKI unterstützte Kläger, ein Pensionist, hatte 2003 zu Vorsorgezwecken einen MPC-Hollandfonds gekauft. Im August wurde er von der Treuhandgesellschaft TVP aufgefordert, 70 Prozent der Ausschüttungen zurückzuzahlen, schon davor waren Ausschüttungen – vermeintliche Gewinne – ausgeblieben. Der Mann wollte gegen die TVP und die in Liquidation befindliche MPC-Österreich-Tochter CPM vor Gericht ziehen, seine Rechtsschutzversicherung D.A.S. versagte ihm aber die Deckung, da der Ausschlussgrund Verjährung vorliege.

Weitere Klagen

Nach dem Ende August ergangenen HG-Urteil haben die Rechtsschutzversicherer bei geschlossenen Fonds eingelenkt. Sowohl ARAG als auch D.A.S. hätten mittlerweile Deckungszusagen gegeben, sagte VKI-Rechtschef Peter Kolba zur APA. "Im Großen und Ganzen sind wir uns bei geschlossenen Fonds über Deckungsinhalte einig", bestätige die ARAG. Für Konsumentenschützer Kolba ist es "keine Werbung für Rechtsschutzversicherungen, wenn man zwar jahrelang Prämien entgegennimmt, dann aber alle Ausreden heranzieht, um ja nicht Deckung geben zu müssen." Nun hätten die Gerichte den Versicherungen klargemacht, "dass diese Ausreden nicht ziehen".

Die D.A.S. dazu in einer Stellungnahme gegenüber DER STANDARD: "Seit jeher ist die Linie der D.A.S., unser Leistungsversprechen einzuhalten. Das heißt, wir haben weder unsere Linie verändert noch nach dem angesprochenen Urteil von Ende August eingelenkt, sondern unterstützen seit unseres fast 60-jährigen Bestehens unsere Kunden im Rahmen des vertraglich vereinbarten Versicherungsschutzes. Dabei machen wir keinen Unterschied, ob es sich um Arbeitsrecht, Vertragsrecht, Mietrecht oder Anlegerschäden handelt. In jedem dieser Fälle sehen wir uns die Rahmenbedingungen im Detail an."

Das Thema geschlossene Fonds beschäftigt die Gerichte auch abseits von Rechtsschutzversicherungen. So müssen sich viele Banken mit Anlegerklagen herumschlagen. Fast alle namhaften Geldhäuser haben Anfang des Jahrtausends deutsche Schiffs- und Immobilienfonds in großem Stil an ihre Kunden verkauft. Mit der Finanzkrise 2008/09 gerieten dann aber sowohl die Schifffahrt- als auch die Immobilienbranche ins Wanken und mit ihnen die als ertragreich und sicher angepriesenen Fonds. Einige Fonds mussten sogar Insolvenz anmelden oder zumindest ihre Ausschüttungen stoppen und später Anleger auffordern, die bereits erfolgten Ausschüttungen zurückzuzahlen.

Keine Zinsen

Das aus Kundensicht Problematische an geschlossenen Schiffs- oder Hollandfonds ist, dass die Anleger technisch gesehen Kommanditisten einer Publikums-KG wurden. Daher waren die erfolgten Auszahlungen keine Zinsen, sondern Rückzahlungen des Eigenkapitals. Das ausgeschüttete Geld kann von der Gesellschaft bzw. spätestens vom Masseverwalter im Pleitefall zurückgefordert werden.

In den Jahren 2004 bis 2008 hatten rund 10.000 österreichische Kleinanleger allein 700 Mio. Euro über Fonds in Kühl- und Containerschiffe investiert.

Auf der Strafrechtsebene ermittelt die Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) seit Monaten gegen Verantwortliche bei MPC, wie eine Behördensprecherin der APA bestätigte. (APA/red, 7.9.2015)