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Am Ostbahnhof in Budapest ist zumindest vorübergehend Ruhe eingekehrt. Viele Sachspenden, wie hier Schuhe, stehen aber für die Ankunft weiterer Flüchtlinge bereit.

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Vor der Ankunft weiterer Flüchtlinge nutzen Helfer wie Tamás die Zeit, um Sachspenden zu ordnen.

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Die Studentinnen Maria und Acelya kommen aus Norwegen und der Türkei und helfen am Bahnhof.

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Einem Helfer ist die Ruhe am Bahnhof Keleti am Montag nicht geheuer. "Vielleicht versuchen sie jetzt, das Problem zu verstecken", mutmaßt ein junger Mann. "Sie", damit meint der Freiwillige die ungarische Regierung. Am Ostbahnhof halten sich zu dem Zeitpunkt geschätzt ein paar Hundert Flüchtlinge auf. Es ist ein geordnetes Kommen und Gehen zu den Erste-Hilfe-, Kleiderausgabe- und Hygieneartikelzelten. Auf Stufen und an Wände gelehnt sitzen grüppchenweise Flüchtlinge und ein paar Obdachlose der Gegend – insgesamt wenige Personen im Vergleich zu den Tagen zuvor.

Zugleich berichten ungarische Medien, dass die Zahl der Flüchtlinge in Röszke an der Grenze zu Serbien steigt. Helfer wollen von rund 1000 Personen wissen, die neben dem Sammellager die Nacht auf einem Feld verbracht hätten. Bei unter zehn Grad. Um sich warmzuhalten, hätten sie Feuer entfacht, allerdings mangle es an Brennholz sowie an Decken.

Die Polizei soll die Migranten in Röszke nicht gehen lassen, bevor sie registriert sind. Waren am Vormittag noch Fluchtversuche Hunderter verhindert worden, gelang ein solcher am Abend hunderten Personen. Sie marschierten dann auf der Autobahn Richtung Budapest. Einige sollen mit Polizisten aneinandergeraten sein. Die Beamten sollen auch Pfefferspray eingesetzt haben. Einige Stunden später ließen sich die Flüchtlinge mit Bussen wieder zurück nach Röszke bringen.

Ab 15. September ist illegaler Grenzübertritt Straftat

Rund um Röszke griffen die Beamten am Wochenende die meisten Flüchtlinge auf. Landesweit waren es laut ungarischer Nachrichtenagentur MTI von Freitag bis Sonntag 5386. Noch eine Woche gilt der illegale Grenzübertritt in Ungarn als Verwaltungsstrafe, ab 15. September als Straftat. Zugleich wird am Zaun zu Serbien weitergebaut – und die ungarische Armee sucht Personal für die Grenzüberwachung.

"Es ist eine ständige Bewegung von Flüchtlingen", sagt András Lederer. Er versucht, die Hilfe am Südbahnhof von Budapest zu koordinieren. Auch dort war es am Montag ruhig. Lederer hat trotzdem alle Hände voll zu tun. "Wir schicken Leute nach Röszke, Freiwillige fahren zum Teil mit Hilfsgütern in Zügen in die Richtung und werden dann dort von anderen mit dem Auto geholt, denn es gibt keine Zugverbindung dorthin", sagt Lederer.

Die vergangenen Tage fungierte Lederer für einige Österreicher, die Sachspenden brachten oder Flüchtlinge im Auto mitnehmen wollten, als Ansprechpartner. "Am Sonntag war das ein großes Chaos", sagt er, der seit drei Monaten Flüchtlingen in Ungarn hilft. Es klingt matt, aber ohne Vorwurf. Er wünsche sich in Österreich einen zentralen Ansprechpartner der Helfer.

Vor dem Ostbahnhof stellen sich Freiwillige auf mögliche weitere Ankünfte in großer Zahl ein. Tamás will von bis zu 10.000 Menschen gehört haben, die sich im Süden an der Grenze befänden. Der 28-Jährige und seine Mitstreiter nutzen die Zeit, um Sachspenden zu ordnen, Fragen zur Weiterfahrt zu beantworten oder für ein Ballspiel mit Flüchtlingen. Montagnachmittag scheinen Zugfahrten gen Westen zumindest für Syrer möglich zu sein.

"Auch einen normalen Job"

Maria und Acelya tragen warmes Essen aus. Die Studentinnen aus Norwegen und der Türkei sind Teil einer internationalen Studierendengruppe. Derzeit helfen vier von ihnen. "Wir sparen Ressourcen für den Fall, dass wieder mehr Menschen kommen", sagt Acelya. Pädagogin Hanna Somogyi engagiert sich ebenfalls am Bahnhof. "Jeder hier hat auch einen normalen Job", sagt die Budapesterin. Manche Leute von Migration Aid, einem großen Verband Freiwilliger vor Ort, seien seit 70 Tagen auf den Beinen. Wer wisse schon, wie lange noch? (Gudrun Springer aus Budapest, 7.9.2015)