Bild nicht mehr verfügbar.

Macht von sich reden: Standard Lüttich.

Foto: apa/epa

Wien – Es ist eine Geschichte, die irgendwie zu Standard Lüttich passt. Das belgische Nieuwsblad berichtet, dass im vorigen Jahr ein Spieler dem Trainer Geld geboten hätte – für einen Einsatz. Und dieser – noch besser – habe angenommen. Die Quelle dieses doch eher ungehörigen Vorgangs: Bruno Venanzi, seit dem Sommer neuer Besitzer und Präsident des Spitzenklubs aus der Wallonie.

Um welche Personen es sich konkret gehandelt hat, ließ Venanzi jedoch offen. Spekulationen können ab sofort also ins Kraut schießen, denn an Auswahl mangelt es nicht. Immerhin drei Übungsleiter kommen in Frage: der Israeli Guy Luzon, der Serbe Ivan Vukomanovic sowie der Belgier José Riga. Darüber hinaus, quasi nebenbei, offenbarte Venanzi gleich auch noch, dass der Klub die letzte Saison mit einem Verlust von sechs Millionen Euro bilanziert hat. Mittlerweile hat der Königlich Belgische Fußballverband (KBVB) eine Untersuchung angkündigt, den Beteiligten drohen Sperren.

Ein gewisser Ruf

Der Vorfall begab sich noch in der Ära von Venanzis Vorgänger Roland Duchâtelet, der Standard im Jahr 2011 übernommen hatte. Unter dem Patron Duchâtelet war es um das Stade Maurice Dufrasne nie langweilig. Der machtbewusste Geschäftsmann und Politiker führte die Vereinsgeschäfte im Stil einer Seifenoper, Heuern und Feuern wurde zur hauptsächlichen Strategie, Konflikte aller Art (Konfrontationen mit Fans inklusive) gerieten zu Alltäglichkeiten.

Dabei war Standard beileibe nicht das einzige Spielzeug Duchâtelets, auch bei Charlton Athletic, dem spanischen Zweitligisten Alcorcón und dem deutschen Traditionsklub Carl Zeiss Jena hat der 68-Jährige das Sagen.

Lüttich, von Ernst Happel (1979 – '81) wieder auf Vordermann gebracht, verdiente sich seine flamboyant-halbseidene Aura mit der Affaire Waterschei. 1984 war ans Licht gekommen, dass Standard zwei Jahre davor Spieler von Thor Waterschei bestochen hatte, um das letzte Match der Saison zu manipulieren. Standard wurde Meister und unterlag wenige Tage später dem FC Barcelona im Endspiel des Cups der Cupsieger knapp mit 1:2. Lange Sperren von Schlüsselspielern waren die Folge und die Rouches, damals Belgiens Nummer eins, verschwanden für lange in der Versenkung. 25 Jahre sollte es dauern, bis man in Lüttich wieder ein Championnat feiern konnte.

Trainer-Fischen sorgt für Ärger

Doch auch im sportlichen Abseits war und ist der Verein immer ein verlässlicher Lieferant von Gesprächsstoff. Diese Konstante setzt sich offenbar auch unter Venanzi, dem neuen starken Mann, fort, der Duchâtelets Anteile am Verein aufgekauft hatte. Derzeit braucht Standard wieder einmal einen neuen Trainer, nachdem Slavoljub Muslin aufgrund eines fulminant missglückten Starts in die laufende Saison der Pro League – zuletzt setzte es ein 1:7 bei Club Brügge – bereits wieder Geschichte ist. Drei Monate konnte sich der Serbe im Dufrasne halten, er war der 13. Lütticher Bankbeamte seit 2006.

Auf der Suche nach einem Nachfolger ist Standard nun auf gutem Weg, für böses Blut zu sorgen. Offenbar ist man dauf und dran, Yannick Ferrera aus Sint-Truiden an den Haken zu nehmen. Der 34-Jährige hatte die Kanaries erst zurück in die Erstklassigkeit und dort in den bisher absolvierten Runden auf den fünften Platz geführt. Dass der Held nun dem Lockruf des Geldes ins schillernde Lüttich folgen dürfte, kommt dort also gar nicht gut an. Detail am Rande: als graue Eminenz Sint-Truidens gilt nach wie vor der ehemalige Besitzer des Vereins. Sein Name? Roland Duchâtelet. (Michael Robausch – 7.9. 2015)