Teheran – Schon im Vorfeld des Iran-Besuchs von Bundespräsident Heinz Fischer hatte es geheißen, es werde nicht nur über die wirtschaftliche Zusammenarbeit gesprochen werden, sondern auch über politische Fragen. Zumindest sein Gegenüber, Irans Präsident Hassan Rohani, machte bei der Pressekonferenz nach dem Gespräch der beiden diese Ankündigung wahr: Der Iran sei bereit, zur Beilegung des Konflikts in Syrien "mit jedem zu reden", sagte er auf die Frage, ob seine Regierung sich auch mit Rivalen wie Saudi-Arabien oder den verfeindeten USA an einen Verhandlungstisch setzen würde. Wichtig sei nicht, wer am Tisch sitze, sondern welche Ergebnisse erreicht werden könnten.

Allerdings, so schränkte Irans Präsident ein: Die Bereitschaft des Iran zu derartigen Verhandlungen gebe es nur, wenn auch tatsächlich eine Aussicht auf Erfolg bestehe, "wenn wir sicher sein können, dass ein gutes Ergebnis erzielt werden kann". Und da liegen die inhaltlichen Positionen weiter auseinander: Rohani betonte in Sachen Syrien erneut, dass man sich auch im Westen entscheiden müsse, welche Prioritäten man setzen wolle. Für Syrien müsse es eine Lösung geben, die dem Willen des syrischen Volkes entspreche, sagte er unter Verweis auf die Wahlen im vergangenen Jahr, bei denen Präsident Bashar al-Assad wiedergewählt worden war.

"Kampf gegen Terrorismus" an erster Stelle

Alles Weitere sei eine Frage der Prioritätensetzung: "Wollen wir jetzt zuerst über die Demokratie und über Details der Verfassung sprechen?", so Rohanis rhetorische Frage. Das wolle man nicht. Wichtig sei vielmehr, zuerst "das Blutvergießen zu beenden und die Stabilität wiederherzustellen". Damit, so Rohani mit Blick auf die Flüchtlingskrise, wäre auch sichergestellt, dass geflohene Syrer schnell wieder in das Land zurückkehren könnten.

Er sei sich mit Fischer einig gewesen, dass der "Kampf gegen den Terrorismus" in Syrien – damit sind aus Sicht der syrischen Regierung und des Iran alle Kämpfer gemeint, die sich Assad entgegenstellen – an erster Stelle stehen müsse. Für viele Gegner des Assad-Regimes ist dies der Knackpunkt. Sie wollen nur an Verhandlungen teilnehmen, in denen eine Fortführung der Assad-Regierung nicht zur Debatte steht.

Zuvor war Fischer mit militärischen Ehren auf dem Vorplatz des prunkvollen Saadabad-Palastes im Norden Teherans empfangen worden. Beim anschließenden Gespräch mit Rohani ging es dann neben "regionalen Fragen", wie Rohani sagte, auch um die Möglichkeiten, die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen auszubauen. Der Iran hatte in den vergangenen Tagen immer wieder betont, dass man nicht als reiner Markt oder als Produktionsstandort dienen wolle, sondern nur eine Zusammenarbeit anstrebe, von der man auch selbst profitieren könne.

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Bundespräsident Heinz Fischer (links) wurde am Dienstag vom iranischen Staatsoberhaupt Hassan Rohani empfangen.
Foto: APA/Schlager

In diesem Sinne zu verstehen war auch die Frage eines iranischen Journalisten an Fischer, welchen Anteil der Iran an den Früchten der Wirtschaftsbeziehungen haben solle. "Wenn Sie es in Zahlen ausgedrückt haben wollen, dann würde ich sagen, der Ertrag am Erfolg soll beiden Ländern 50:50 zugute kommen", sagte Fischer darauf. Derzeit liegt das Verhältnis zwischen österreichischen Exporten und Importen bei 90 zu zehn. Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es, man strebe mittelfristig ein Verhältnis von 60 zu 40 an.

Neben dem Treffen der Präsidenten kamen am Vormittag auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und sein iranischer Amtskollege Mohammed Javad Zarif sowie Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und der iranische Industrie- und Handelsminister Mohammad Reza Nematzadeh zusammen. Mitterlehner und Nematzadeh unterzeichneten im Anschluss je zwei Memoranden: ein "Protokoll der achten Tagung der Gemischten Kommission", eines Wirtschaftsgremiums, das erstmals seit 2003 jüngst wieder getagt hatte, sowie eines zur Zusammenarbeit bei Wasseraufbereitung und Abfallwirtschaft – beides Felder, in denen österreichische Unternehmen auf Aufträge hoffen. Kurz und Zarif unterfertigten ein Memorandum zu politischen Konsultationen und eines zum interreligiösen Dialog.

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Außenminister Sebastian Kurz (links) mit seinem iranischen Amtskollegen Mohammed Javad Zarif.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Am Nachmittag wurde auch das iranisch-österreichische Wirtschaftsforum eröffnet, für das der zahlenmäßig überwiegende Teil der österreichischen Delegation angereist war. Insgesamt wurden laut Wirtschaftsministerium fast tausend Teilnehmer erwartet – neben den 230 Vertreten aus Österreich rund 700 Geschäftsleute aus dem Iran.

Fischer hatte am Vortag Kritik zurückgewiesen, wonach seine Reise vor allem wirtschaftlichen Zwecken diene. Die – ungewöhnlich große – 26-köpfige Wissenschafts- und Kulturdelegation beweise, dass "wir gewiss nicht monokausal unterwegs" seien, sagte er. Zudem müsse sich Österreich nicht dafür rechtfertigen, "dass wir rechtzeitig die richtigen Einschätzungen getroffen haben". (Manuel Escher, 8.9.2015)