Wien/Teheran – Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) will in den Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auch den syrischen Machthaber Bashar al-Assad einbinden. Ein gemeinsame Vorgehen gegen die Jihadistenmiliz habe derzeit Priorität, sagte Kurz am Dienstag bei einem Besuch von Bundespräsident Heinz Fischer im Iran. Die Grüne zeigten sich angesichts der Forderung empört.

Auch Mächte wie der Iran und Russland müssten miteinbezogen werden, so Kurz. Alle jene, die gegen den IS kämpfen, müssten nun zusammenarbeiten. Dazu gehöre in Syrien die Opposition, die Zivilgesellschaft und unter anderm auch Assad, meinte der Außenminister. Denn im Bezug auf den IS stehe Assad auf derselben Seite wie der Westen. Zudem sage eine solche Kooperation nichts über eine langfristige Lösung für den Bürgerkrieg in Syrien aus. Natürlich dürfe man die Verbrechen Assads aber nicht vergessen, betonte Kurz.

Grüne Kritik

Bei den Grünen stießen Kurz' Aussagen auf heftige Kritik. Der EU-Abgeordnete Michel Reimon ortete einen "diplomatischen Fehler von historischer Tragweite" und einen "Ausverkauf aller humanitären Werte in der österreichischen Außenpolitik". Für Tanja Windbüchler, außenpolitische Sprecherin der Grünen, sind die Aussagen des Außenministers "kurzfristig". Das Assad-Regime als Verbündeten zu nennen, "verkennt die Situation in Syrien", so die Nationalratsabgeordnete in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Kurz dürfe sich nicht auf eine Seite stellen sondern müsse, gemeinsam mit den Vereinten Nationen, "nichts unversucht zu lassen, die Zivilbevölkerung zu schützen".

Für die "Initiative muslimischer Österreicher" ist Kurz' Vorstoß ein "Schlag ins Gesicht" der syrisch-österreichischen Gemeinde. Die Aussagen des Außenministers seien "katastrophal", sagte Tarafa Baghajati, Obmann der IMÖ. Sie würden einen der "größten Verbrecher dieser Welt unterstützen. Es ist für Österreich unwürdig so eine Haltung anzunehmen", so Baghajati gegenüber der APA. Assad habe den IS nie bekämpft, sondern der Terrormiliz Gebiete überlassen und sie auch benutzt.

Auch Spanien sucht Dialog

Spaniens Außenminister Jose Manuel Garcia-Margallo stellte sich hingegen auf Kurz' Seite. Zur Lösung des Konflikts sei ein Dialog mit Assad nötig, sagte er dem spanischen Rundfunksender Cadena Ser am Rande eines Besuchs im Iran. "Hier ist eine militärische Lösung nötig, aber diese muss im Rahmen der völkerrechtlichen Bestimmungen erfolgen", betonte er.

Als ersten Schritt schlug Garcia-Margallo einen auf Aleppo beschränkten Waffenstillstand vor, damit die humanitäre Hilfe die notleidende Bevölkerung erreichen könne. Ein für das gesamte Land geltender Waffenstillstand solle danach einen demokratischen Übergangsprozess ermöglichen, der mit Wahlen abgeschlossen werden müsste, erklärte der Spanier in Teheran.

Nach dem Ausbruch des syrischen Bürgerkrieges 2011 waren sich zunächst alle westlichen Staaten einig, dass es eine Zukunft des Landes nur ohne einen Präsidenten Assad geben könne. Seit den militärischen Erfolgen des IS und dem damit einsetzenden Flüchtlingsstrom hat jedoch in vielen Regierungen ein Umdenken begonnen.

Nach Angaben aus der US-Regierung gibt es Anzeichen für ein militärisches Eingreifen Russlands in Syrien. Offenbar wollen die USA aber eine stärkere Rolle Russlands in dem Konflikt verhindern, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.

Lufträume gesperrt

Russland, einer der letzten Verbündeten von Machthaber Assad, kann indes nur mehr eingeschränkt Frachtgut in Richtung Syrien liefern, denn Bulgarien hat seinen Luftraum für russische Versorgungsflüge nach Syrien gesperrt. Es gebe ernsthafte Bedenken über die Art des für Syrien bestimmten Frachtguts in den Militärmaschinen, sagte am Dienstag eine Sprecherin des Außenministeriums in Sofia.

Auch Griechenland wird von russischen Maschinen auf dem Weg nach Syrien nach Angaben des Athener Außenministeriums nach entsprechenden Bitten der USA nicht mehr überflogen. Unklar war zunächst, ob auch Griechenland die Überflüge verweigert hat oder ob Russland von sich aus darauf verzichtete. Von russischen Außenministerium gab es zunächst keine Stellungnahme.

Die USA fürchten ein russischen Militäreinsatz in dem Bürgerkriegsland. Nach Angaben aus Washingtoner Regierungskreisen wurden entsprechende Vorbereitungen entdeckt. So seien Wohncontainer für Hunderte Menschen an einem syrischen Flugplatz aufgestellt worden. (APA, Reuters 8.9.2015)