Zungenschrittmacher erfassen die Atembewegung und schicken Impulse in einen Nerv der Zunge, um zu verhindern, dass diese zurückfällt und den Atemweg blockiert, erklären die Experten aus Innsbruck.

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Innsbruck – Zumeist würden Patienten erst in der Klinik realisieren, dass die Ehefrau oder Freundin – oder seltener der Mann – doch recht hatte: "Menschen, mit denen das Bett geteilt wird, bemerken Schnarchgeräusche und nächtliche Atemaussetzer beim Partner häufig sehr früh, aber es wird ihnen oft nicht geglaubt", sagt Birgit Högl, Leiterin des Innsbrucker Schlaflabors der Universitätsklinik für Neurologie.

Sie arbeitet dort täglich mit Menschen, die nächtens Probleme haben. Ein häufiger Grund, warum Patienten ihr Labor aufsuchen: Dieses kehlige Röcheln, das dem Bettpartner den Verstand raubt. Rund die Hälfte der Österreicher schnarcht – zumindest manchmal, wenn ein Gläschen zu viel getrunken wurde oder man in der falschen Position entschlummert. Männer häufiger als Frauen.

Erstickungssymptome in der Nacht

Das Leiden wird oft eher belächelt, bei fünf von hundert Österreichern stecke jedoch eine ernst zunehmende Krankheit dahinter – nach "konservativen Schätzungen", wie Högl betont. Schlafapnoe nennt sich die Extremform des Schnarchens, die immer auch mit Atemaussetzern einhergeht. Bis zu dreißig Mal pro Stunde bleibt Betroffenen dann die Luft weg. "Das ist, als würde man jemandem Nase und Mund zuhalten bis er fast erstickt und deshalb aufschreckt", erklärt die Schlafmedizinerin.

Menschen, die an Schlafapnoe leiden, bekommen in der Regel keine Luft mehr, weil im Schlaf die Spannung der Muskulatur der oberen Atemwege nachlässt. Dadurch verengt sich der Luftweg und es entsteht das Schnarchgeräusch. Zumeist werden solche Patienten mit einer Atemmaske behandelt. In Innsbruck ist nun aber auch eine neue Therapie möglich: Im August wurden erstmals in Österreich sogenannte Zungenschrittmacher implantiert.

Zunge wird stimuliert

Diese technischen Atemwegs-Stimulatoren sind mit Herzschrittmachern vergleichbar, in etwa so groß wie eine Streichholzschachtel und werden unterhalb des Schlüsselbeins in den Körper eingesetzt. Der Zungenschrittmacher erfasst die Atembewegungen und schickt Impulse in einen Nerv der Zunge, um zu verhindern, dass diese zurückfällt und den Atemweg blockiert. Weltweit wurden bisher rund vierhundert solcher Geräte operativ eingesetzt.

Die Therapie ist allerdings nur für eine kleine, spezielle Patientengruppe geeignet, sagt Herbert Riechelmann, Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für HNO-Heilkunde, der die ersten drei Implantationen durchgeführt hat. "Infrage kommen nur Menschen, bei denen die klassischen Therapiemethoden nicht anwendbar sind, die nicht an Übergewicht leiden und die eine bestimme Form von Atemwegsverschlüssen aufweisen." Er rechnet damit, dass in Innsbruck künftig rund 15 Personen jährlich einen Zungenschrittmacher eingesetzt bekommen. (Katharina Mittelstaedt, 10.9.2015)