Einige Modelle aus der Studio Collection Herbst/Winter 2015.

Foto: Stéphane Feugére
Foto: Stéphane Feugére
Foto: Stéphane Feugére

STANDARD: Was genau unterscheidet die Studio Collection von den herkömmlichen Kollektionen?

Johansson: Es sind die Keylooks der anderen Kollektionen. Heuer haben wir die Studio Collection zum dritten Mal am Laufsteg während der Modewoche in Paris gezeigt. Sie war inspiriert von den Sixties und Seventies. Die Kollektion hat etwas Exklusives: Sie ist nur in rund 200 Shops weltweit erhältlich, dem größten in jedem Land, daher können wir auch qualitativ hochwertiger arbeiten, mit Seide etwa.

Ann-Sofie Johansson arbeitet seit 27 Jahren bei H&M. Angefangen hat sie in einer Filiale in Schweden. Nachdem sie sich vom Verkauf zur Design-Assistentin hochgearbeitet hatte, folgten sukzessive Karriereschritte bis zur Chefdesignerin. Seit heuer hat sie den Titel "Creative Advisor". In ihrem Kleiderschrank hebt sie immer noch ihre allerersten Entwürfe auf.
Foto: H&M

STANDARD: Sie haben die Kollektion in Paris gezeigt. Wozu muss eine Streetwear-Kette unbedingt Teil des Fashion-Week-Spektakels sein?

Johansson: Warum nicht? Wir sind eine internationales Modemarke, sind auf so vielen Märkten präsent. Dem Team bedeutet es viel, die Kollektion gleichzeitig mit allen Modehäusern in Paris zu zeigen. Das erzeugt so ein aufmerksames Brodeln rund um H&M, und das hebt uns vom starken Mitbewerb ab.

STANDARD: Aber H&M konkurriert doch nicht mit den Luxuslabels.

Johansson: Nein, oder vielleicht doch. Modeinteressierte kaufen sowohl bei uns als auch bei den Luxusmarken. Mix-and-match ist heutzutage in. Bei mir ist es zumindest so.

STANDARD: Das heißt, der Laufsteg in Paris ist ein probates Marketinginstrument?

Johansson: Ja, absolut. Der Nebeneffekt: Wir lernen sehr viel in Paris. Für uns ist es sehr wichtig, zeitgleich mit den großen Labels zu zeigen. Sie präsentieren ähnliche Sachen wie wir.

STANDARD: Warum gerade Paris? Wäre London oder New York nicht logischer? Dort zeigen auch andere Streetlabels. Etwa Topshop in London.

Johansson: Paris ist die ultimative Modestadt und keine andere Marke wie wir zeigt dort. Natürlich haben wir auch über London nachgedacht, es ist ein bisschen jünger. Aber wer weiß, was noch kommt.

STANDARD: Verschwimmen die Grenzen zwischen Fast Fashion und High Fashion zunehmend?

Johansson: Ich sehe H&M nicht als Fast Fashion Marke. Aber ja, die Grenzen verschwimmen: Die Kunden der Luxuslabels wollen nicht mehr nur zweimal im Jahr neue Kollektionen sehen. Heute gibt es so viele Trends nebeneinander. Als ich vor fast drei Jahrzehnten mit der Mode begann, gab es nur einen Trend pro Saison. Heute gibt es ein bisschen Sixties und Seventies hier, ein bisschen Eighties und viktorianischen Stil da.

STANDARD: Sie sagen, H&M mache keine Fast Fashion. Aber in die Läden kommen nahezu täglich neue Stücke.

Johansson: Das ist deshalb so, weil wir so ein großes Sortiment haben. Nicht jeden Tag gibt es ein neues Teil in der Damenabteilung.

STANDARD: Früher hätte man sagen können, H&M kopiere den Stil der großen Labels, die auf den Fashion Weeks zeigen. Ist es nun umgekehrt: Will H&M vom Laufsteg kopiert werden?

Johansson: Wir erlauben keinerlei Kopien, und umgekehrt haben wir Kopieren nicht nötig, bei uns sitzen 200 Designer. Aber natürlich fahren alle zu denselben Textilmessen, besuchen alle dieselben Trendseminare. Das Internet tut das Weitere: Instagram, die Streetfotografen, die Blogs, die Stars – alle haben denselben Zugang. Das Ergebnis: Alle haben mehr oder weniger dieselben Ideen. (Marietta Adenberger, 10.9.2015)