Wien – Der Vorwurf steht seit Jahren im Raum. Von der Pendlerpauschale würden vor allem Besserverdiener profitieren, kritisieren Arbeiterkammer und Grüne. Neue Zahlen des Finanzministeriums zeigen nun, dass sich dieser Trend zwischen 2008 und 2014 sogar verstärkt hat.

Bei der kleinen Pendlerpauschale gab es im Jahr 2008 noch 47,4 Prozent an Beziehern, die mehr als 40.000 Euro im Jahr verdienen, 2014 waren es schon 51,8 Prozent. Bei der großen Pendlerpauschale stieg der Anteil im gleichen Zeitraum von 37,6 auf 43,7 Prozent – wie diese Grafik zeigt.

Die Unterschiede

Anspruch auf die große Pauschale hat man, wenn der Arbeitsplatz mit Öffis nicht erreichbar ist bzw. deren Benutzung "nicht zumutbar" ist. Die Höhe hängt von der Entfernung der Arbeitsstelle ab. Zwischen zwei und 20 Kilometer sind es 31 Euro, muss man mehr als 60 Kilometer fahren, wird eine Pauschale von 306 Euro pro Monat gewährt. Im Jahr ergibt das immerhin einen Betrag von 3672 Euro, der als Freibetrag von der Steuerbemessungsgrundlage abgezogen werden kann.

Die kleine Pauschale bekommen jene, denen die Benutzung von Öffis zumutbar ist, deren Arbeitsplatz aber weiter entfernt ist. Zwischen 20 und 40 Kilometer sind es monatlich 58 Euro, bis 60 Kilometer 113 Euro und darüber 168 Euro.

Zu geringes Einkommen

Kleinere Einkommensbezieher kommen deshalb oft nicht in den vollen Genuss, weil sie zu wenig verdienen, als dass sie den Freibetrag voll ausschöpfen könnten. Der Staat lässt sich die Förderung der Pendler jedenfalls einiges kosten. Im Schnitt lag der Einnahmenausfall in den vergangenen Jahren bei rund 1,2 Milliarden Euro, wie die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des Grünen Georg Willi durch Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) zeigt. Da es rund 1,2 Millionen Profiteure gibt, liegt die Pendlerpauschale im Schnitt also bei ziemlich genau 1000 Euro pro Jahr (wobei das Jahr 2014 noch nicht vollständig veranlagt ist).

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Grüne und Arbeiterkammer plädieren für ein neues Fördersystem
Foto: apa

Verschiebung

Beobachtbar ist auch eine Verschiebung zwischen kleiner und großer Pauschale. Letztere – hier ist wie erwähnt kein öffentliches Verkehrsmittel in zumutbarer Nähe – wurde in den vergangenen Jahren stärker in Anspruch genommen. Die Grünen führen das auf den "Öffi-Kahlschlag" zurück, der in vielen ländlichen Gegenden stattgefunden habe. Daher seien auch Wenigverdiener immer öfter auf das Auto angewiesen.

Willi wäre dafür, das deutsche Modell auch in Österreich einzuführen. Beim Nachbarland bekommen alle Personen ab dem ersten Kilometer 30 Cent als Werbungskosten gutschrieben – unabhängig davon, ob man mit dem Auto, dem Fahrrad, zu Fuß oder der Bahn unterwegs ist.

Umverteilung

Ein ähnliches Modell schwebt auch der Arbeiterkammer vor, wie Steuerexperte Otto Farny erläutert. Er plädiert dafür, das Modell des Pendlereuros, das es jetzt zusätzlich zur Pauschale gibt, auszuweiten. Wie in Deutschland bekäme man dann für jeden Kilometer einen gewissen Betrag. Wenn man das Modell aufkommensneutral umstelle, würden Niedrigverdiener profitieren und Besserverdiener verlieren, meint Farny.

Eine kleine Korrektur wird aber auch bereits die Steuerreform 2016 bringen. Für geringverdienende Pendler und Pendlerinnen ist eine außertourliche Erhöhung des Pendlerzuschlags von 20 Millionen Euro vorgesehen. (Günther Oswald, Michael Bauer, 10.9.2015)