Kiew/Minsk – Während die Waffenruhe im Kriegsgebiet Ostukraine zumindest derzeit weitgehend stabil sein dürfte, konnte sich in Minsk die Ukraine-Kontaktgruppe nicht auf eine Regelung zum Abzug aller schweren Waffen verständigen. Am Dienstagabend gingen die Konfliktparteien ohne Lösung auseinander, am Mittwoch wurden die Gespräche dann hinter verschlossenen Türen fortgesetzt. Rebellenvertreter Wladislaw Dejnego teilte mit, es werde noch am Text gefeilt.
OSZE-Vermittler Martin Sajdik betonte, wie wichtig es angesichts der labilen Waffenruhe sei, "Fortschritt bezüglich des Abzugs von Panzern und Minenwerfern mit einem Kaliber von unter 120 Millimetern und Artilleriegeschützen mit einem Kaliber unter 100 Millimeter" zu erzielen.
Auch Denis Puschilin, nach der Demission von "Parlamentschef" Andrej Purgin neuer starker Mann der Separatisten in Donezk, bezeichnete die Einigung "als wichtigen Schritt zur Beendigung des Krieges". Solange die schweren Waffen an der Front stehen, ist jederzeit eine Eskalation des latent schwelenden Konflikts möglich.
"Völlige Stille"
Immerhin gab es zuletzt ermutigende Nachrichten. Militärsprecher Anatoli Stelmach sprach angesichts von nur vier Schusswechseln in 24 Stunden von einer "völligen Stille". Auch die Rebellen bestätigen nur vereinzelte Verstöße gegen die Feuerpause.
Ein neuer Impuls wird vom sogenannten Normandie-Format erwartet. Am Mittwoch gab es erstmals seit eineinhalb Monaten wieder eine Telefonschaltung zwischen Angela Merkel, François Hollande, Petro Poroschenko und Wladimir Putin. Hollande hatte zugleich Anfang der Woche ein direktes Treffen angeregt, um die Krise zu erörtern.
Die russische Regierung erklärte am Mittwochabend, Präsident Wladimir Putin würde sich am 2. Oktober in Paris mit Hollande, Poroschenko und Merkel treffen. Die Außenminister der vier Länder würden bereits am 12. September in Berlin zusammenkommen.
Regionale Wahlen geplant
Wichtigster Streitpunkt sind die anstehenden Lokalwahlen. Weil Kiew diese Abstimmung vorerst nicht in der Donbass-Region durchführen will, sprechen die Rebellen von einem Verstoß gegen das Minsker Abkommen und bereiten in den von ihnen kontrollierten Gebieten eigene, gegen ukrainisches Recht verstoßende, Wahlen vor. Dies wiederum dürfte zu weiteren Konflikten führen.
Der Westen erwartet von Putin Einflussnahme auf die Rebellen. Ansonsten ist eine Ausweitung der westlichen Sanktionen gegen Russland, das als Schutzmacht der Separatisten gilt, nicht ausgeschlossen. Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow prognostizierte bereits jetzt eine Verschärfung der Sanktionen – ganz unabhängig von der Entwicklung im Donbass. Auf einer Waffenmesse im Ural klagte Rjabkow, die Politik diene der langfristigen Schwächung Russlands. (André Ballin, 10.9.2015)