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Cheerleading wird immer gefährlicher.

Foto: EPA/ERIK S. LESSER

Kaum etwas wirkt auf Europäer so US-amerikanisch wie Cheerleading. Mädchen in bunten Uniformen feuern Sportmannschaften ihrer Schule an. Sie strecken die Beine in die Luft, wirbeln mit Pompons und hüpfen auf und ab. Cheerleading ist für junge Frauen in Nordamerika aber auch zum größten Risiko für schlimme Sportverletzungen geworden. Die jüngste Studie kommt aus Kanada, wo sich die Zahl schwerer Verletzungen von Cheerleadern in den vergangenen zwanzig Jahren verdreifacht hat. Riskante Manöver wie das Hochwerfen von Mädchen und der Bau von Menschenpyramiden führen laut der Untersuchung der Universität Montreal besonders häufig zu folgenschweren Verletzungen.

"Wer hätte gedacht, dass Cheerleading jemanden töten oder ein Genick brechen könnte?", fragte Laura Jackson einige Jahre nach ihrem Cheerleading-Unfall, der sie vom Hals abwärts lähmte. Sie hatte als Teenager einen Rückwärtssalto am Boden versucht, war auf ihrem Nacken gelandet und hatte sich zwei Halswirbel gebrochen. Heute braucht sie immer noch ein Beatmungsgerät. "Das Leben ist ein Kampf", sagt sie.

Lukratives Geschäft

Cheerleading ist nicht mehr das harmlose Herumturnen, das es einmal war. Heute gleicht es einer Mischung aus Akrobatik und Gymnastik, aus Cirque du Soleil, Dirty Dancing und athletischen Kraftakten. In den 80er-Jahren kamen Menschenpyramiden in Mode, manche über fünf Meter hoch. Das Fernsehen begann die Stunts zu zeigen, die nun immer dramatischer und spektakulärer wurden. Cheerleading verwandelte sich langsam zu einer eigenen Sportart. Heute gibt es nationale und internationale Wettkämpfe, die auf vielen Fernsehkanälen ausgestrahlt werden. Cheerleading ist zu einem lukrativen Geschäft geworden.

Sicherheitsmaßnahmen und Trainerausbildung konnten dabei nicht Schritt halten. "Die Stunts werden oft auf Oberflächen ausgeführt, die nicht dazu geeignet sind, einen Aufprall abzufangen", sagt Tracy Mehan vom US-Zentrum für Verletzungsforschung. Fast neunzig Prozent der Unfälle passierten in den vergangenen Jahren ohne ausreichend dicke Matten oder federnde Böden.

Tote beim Cheerleading

Allein im Jahr 2011 landeten 37.000 verletzte Cheerleader in den Notfallabteilungen von US-Spitälern – viermal mehr als noch im Jahr 1980. Es wurden auch einige Todesfälle bekannt. Die Zahl der Cheerleader in den USA, die meisten davon Mädchen, wird auf 3,6 Millionen geschätzt.

Der US-Verband für Cheerleading-Trainer verweist auf neue Regeln: So ist die Höhe von Menschenpyramiden an Schulen auf zwei Leute beschränkt, und Körper sollten nicht auf harten Oberflächen in die Luft geworfen werden. Nach Auffassung von Experten sind aber viel zu viele Trainer nicht ausreichend für Akrobatik und Gymastik ausgebildet.

"Es gibt Richtlinien und Empfehlungen", sagt Mehan, "aber es ist nicht leicht, sie durchzusetzen." Manche Schulen und Unis haben vom Cheerleading bereits Abstand genommen, weil sie die hohen Versicherungsprämien nicht mehr bezahlen wollen. (Bernadette Calonego aus Vancouver, 11.9.2015)