Das "Haus der Geschichte Österreich" soll bis 2018 in der Neuen Burg am Heldenplatz entstehen, 100 Jahre nach der Ausrufung der Republik. Macht aber nichts, wenn es erst 2019 wird, sagte Kulturminister Josef Ostermayer bei der Präsentation, denn "Republik Österreich" habe der neue Staat ja erst 1919 geheißen. 1918 wollten die Gründerväter noch ein Deutschösterreich und den Anschluss.

Womit ein Lebensthema von Oliver Rathkolb, dem Spiritus Rector des Hauses der Geschichte, angesprochen wäre. Rathkolb hat sich immer schon – kritisch – mit der österreichischen Identität und ihren Wandlungen auseinandergesetzt. Die österreichische Identität sei seit dem Zusammenbruch des Ostblocks 1989 "noch stärker nach innen verengt worden" ("Die paradoxe Republik", Zsolnay 2015).

Rathkolb ist derjenige aus einer Reihe mit dem Projekt befasster namhafter österreichischer Historiker wie Manfried Rauchensteiner und Stefan Karner, der das Projekt Haus der Geschichte zur Beschlussreife geführt hat. 2008 beauftragte die SPÖ-ÖVP-Koalition Rathkolb mit der Ausarbeitung eines detaillierten Konzepts. Rathkolb, geboren 1955 in Wien, promovierte als Jurist, ehe er sich der Zeitgeschichte zuwandte.

Begonnen hat er als wissenschaftlicher Leiter des Bruno-Kreisky-Archivs. 1993 wurde er Dozent am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, das er von 2008 bis 2012 leitete. Seither ist er Professor daselbst. " Da ich nie ein unbefristetes Arbeitsverhältnis oder eine Laufbahnperspektive hatte, war ich gezwungen, mir alles – wie beispielsweise lehren zu dürfen – zu erkämpfen", sagte er in einem Interview 2008.

Vielleicht auch, weil er als SP-nah gilt? Er scheute sich allerdings nicht, die Antisemitismen von SP-Größen wie Adolf Schärf zu dokumentieren. Vielleicht auch, weil der mit einer Opernsängerin verheiratete Historiker herausgearbeitet hatte, wie die Hochkultur dem Nationalsozialismus verfiel ("Führertreu und gottbegnadet", ÖBV 1998).

Wie auch immer: Das Haus der Geschichte soll sich laut Rathkolb damit beschäftigen, "woher wir Österreicher kommen". Und wohin sie gehen? "Seit 1995 fehlt Österreich eine große, mobilisierende gesellschaftliche Vision, es herrscht zunehmend politische Apathie", schreibt Rathkolb. "Entsprechend groß ist wieder einmal die Sehnsucht nach einem starken politischen Führer." (Hans Rauscher, 10.9.2015)