Die Erfolgsgeschichten von Google, Amazon oder Apple sind eng mit der Beteiligung von Business-Angels verbunden, und dass bereits Henry Ford von sogenannten Engeln unterstützt wurde, zeigt, dass es sich hier um kein neues Phänomen handelt. Während sich in den USA diese Form der Finanzierung längst in Literatur und Praxis etabliert hat, sind österreichische Business-Angels aber nur selten im Rampenlicht. Ihre Aktivitäten nahmen in den letzten Jahren zu: In der Austrian Business Angel Association (AAIA) sind über 150 aktive Business-Angels verbunden, die meisten von ihnen sind selbst Unternehmer. Seit 2012 haben sie insgesamt 15 Millionen Euro in heimische Start-ups gesteckt. Pro Projekt werden durchschnittlich 100.000 bis eine Viertelmillion Euro investiert. Neben Kapital gibt es für die unterstützten Start-ups auch Know-how, Kontakte, Marketing.

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Grund für den Zuwachs sind die allgemein guten Zeiten für alternative Finanzierungsformen. Niedrige Zinsen und größere Vorsicht klassischer Finanzinstitute lassen Gründer neue Geldtöpfe entdecken. Von Business-Angels bis Venture-Capital sollten Gründer das Finanzierungs-Abc kennen, um an Kapital zu kommen. Denn je nach Ausrichtung gibt es für die Finanzierung besser und schlechter geeignete Rezepte.

Im Gegensatz zu den Business-Angels ist Crowdfunding ein Trend, der erst in den letzten Jahren entstand. International ist es vor allem die Plattform Kickstarter, die mit spektakulären Finanzierungen durch die Crowd die Aufmerksamkeit auf diese Form der Kapitalsuche legte. Längst ist Kickstarter nicht mehr die einzige Plattform, um Ideen und Projekte zu präsentieren. Mittlerweile gibt es auch in Österreich branchenspezifische Plattformen: Respekt.net für soziale Projekte, Startnext für Künstler und Kreative. In den USA gibt es gar eigene Websites, wo sich Studierende das Studium an den teuren US-Unis von der Crowd finanzieren lassen können.

Entwicklungsland Österreich

Der Einfluss alternativer Finanzierungen wie des Crowdfundings wird auch daran ersichtlich, dass Banken solche Trends aufgreifen: Mit der Initiative "Es geht" hat die Bawag beispielsweise ein Crowdfundinginstrument im Angebot. Die Konkurrenz aus dem Netz setzt sich währenddessen aber auch auf klassische Bankgeschäfte: Sogenannte FinTechs – ein Kunstwort aus "Finanzen" und "Technologie" – sollen Geldüberweisungen erleichtern, bei Anlageentscheidungen helfen oder Versicherungen transparenter machen. Sie wachsen durch die Verbreitung von Smartphones und Tablet-Computern sowie dem Cloud-Computing – das Speichern von Daten übers Internet in großen Rechenzentren – schnell.

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Oliver Vins startete in der Bankenbranche, sattelte aber auf FinTechs um: "Banken haben es einfach komplett verlernt, im Sinne des Kunden zu denken", sagt der Mitgründer der Internet-Plattform Vaamo. Er verspricht mit seiner Plattform: "In drei Klicks zur Geldanlage". Statt über Fondsprospekte oder Kursverläufe von Aktien nachzudenken, können Anleger hier ihr Sparziel, einen Zeitraum und ihre Risikofreude auf der Website angeben. Im Hintergrund wählt eine Software entsprechende Anlageprodukte aus. Um die Abwicklung kümmert sich dann eine Partnerbank.

"Ich habe in meiner langen Zeit als Strategieberater im Bankenumfeld tagtäglich hautnah erlebt, wie groß das Potenzial für bessere und faire Finanzprodukte ist", sagt Vins. Ja, es sei schwer, gegen die Banken mit den riesigen Marketingbudgets anzukommen, sagt er. Aber die Zeiten seien günstig: "Gerade die jüngere Generation unter 40 kann sich heute kaum noch vorstellen, eine Bankfiliale zu betreten, und sucht nach guten Alternativen."

Neues Gesetz als guter Anfang

Will man ein Start-up gründen, sei der Gang zur Bank nicht empfehlenswert, sagt Andreas Tschas, Co-Gründer von Pioneers, das seit vielen Jahren das Pioneers-Festival in Wien veranstaltet, wo sich Start-ups, Investoren, Journalisten und potenzielle Kunden treffen, man netzwerkt, es Wettbewerbe vor Ort und Podiumsdiskussionen gibt. Die Finanzierung sei in der Anfangszeit nicht einfach gewesen: "Damals gab es nur eine Handvoll Investoren. In einer anderen Stadt hätten wir sicher mehr Auswahl gehabt." Mittlerweile sei die Situation viel besser, vor allem mit dem Perspektivenwechsel in der Politik. Dass Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) Österreich mittels eines 40-Punkte-Programms zum "Gründerland Nummer eins" machen will, findet Tschas wichtig, "denn es braucht die große Vision für den Standort". Das Alternativfinanzierungsgesetz sei nur ein Anfang. Potenzial sieht Tschas noch im Stiftungsrecht – "hier liegt viel Kapital brach".

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Die positive Entwicklung unterstreicht auch das Beispiel Speedinvest: In den letzten Jahren wurde die Plattform zum größten Finanzierer für Start-ups: Mehr als hundert Unternehmer – unter ihnen etwa Didi Mateschitz und die Dichands, aber auch Tschas – sagten mehr als 70 Millionen Euro zu, der zweite Versuch nach einer mühsamen ersten Runde: 2011 waren es noch zehn Millionen gewesen.

Luft nach oben

Aber obwohl sich in Sachen alternative Finanzierung bereits einiges getan hat, bestehe besonders im Bereich Risikokapital in Österreich noch viel Luft nach oben, sagen Experten. Der ehemalige Rewe-Vorstand Werner Wutscher, heute CEO und Gründer von New Venture Scouting – wo man Innovation durch die Kooperation von großen Organisationen mit Start-ups in die Welt bringen will -, bezeichnete Österreich im Bereich der größeren Investitionen aus dem privaten Bereich gar als Entwicklungsland. Tschas fällt als positives Beispiel England ein, wo es für solche riskanten Investments – "und das ist die Unterstützung von Start-ups immer" – steuerliche Erleicherungen gibt.

Wutscher betonte außerdem, dass Crowdfunding nun als Lösung für fehlende Finanzierung in vielerlei Hinsicht herhalten müsse, was aber vollkommener Unsinn sei. Vielmehr müsse ein Umdenken bei den Unternehmen bezüglich Eigenkapital stattfinden.

Warum "Engel" wichtig sind

Tschas sieht die Kontakte mit Business-Angels als essenziell an, kritisiert allerdings die Unterschiede zu den USA. Dort bestehe wirklich eine "Partnerschaft", die Business-Angels hätten in den meisten Fällen eigene Erfahrung im Gründen und würden diese stets teilen. "Guter Rat ist oft wertvoller als Geld", sagt Tschas. Aber auch in diesem Bereich würde sich in Österreich momentan einiges verändern. Viele erfolgreiche Gründer würden sich nun als Business-Angels anbieten. (Lara Hagen, 12.11.2015)