Als die Abstimmung gelaufen und die Rebellion gegen die Atomvereinbarung mit dem Iran abgewehrt war, quittierte Mitch McConnell seine Niederlage mit purem Sarkasmus. "Lasst die Sektkorken knallen, feiert, heimst die Lorbeeren ein. Es ist euer Deal", rief der Senator aus Kentucky, der die konservative Mehrheit in der kleineren Parlamentskammer anführt, in Richtung Harry Reids, seines demokratischen Gegenspielers.

Nicht ein Einziger der 54 Republikaner hatte für das Abkommen votiert, während sich von den 46 Demokraten nur vier gegen den Kompromiss und damit gegen den eigenen Staatschef stellten. Die Sperrminorität reichte, um Barack Obama ein Spektakel zu ersparen, bei dem er die Abmachung zwar immer noch gerettet, dabei aber schlecht ausgesehen hätte. Er hätte auf sein Veto zurückgreifen müssen, was Präsidenten an der Pennsylvania Avenue nur im äußersten Notfall tun. Nun kann er die Brechstange im Keller lassen, denn der Senat wird über das Iran-Papier als solches gar nicht mehr entscheiden, nachdem die Demokraten ein solches Votum auf dem Verfahrensweg blockiert haben. Kein Wunder, dass Obama das Ergebnis mit Worten der Erleichterung kommentiert: "Dies ist ein Sieg für die Diplomatie, für die nationale Sicherheit Amerikas, für die Sicherheit der Welt."

Schwierige Weichenstellungen

Das Bemerkenswerte aber ist, wie sehr er von alten Traditionen abweicht, dieser Kongress, in dem zwischen beiden Parteien ein so tiefer Graben verläuft wie kaum jemals zuvor. Am Rande des Wassers, besagt ein geflügeltes Wort, sollte innenpolitischer Streit eigentlich enden. Jenseits des eigenen Territoriums, über die Ufer der Ozeane hinaus, sollten die Vereinigten Staaten der Welt nur ein Gesicht zeigen, kein demokratisches oder republikanisches. Zwar war das schon immer eine Idealvorstellung, doch meist fanden sich komfortable Mehrheiten, um Weichenstellungen vom Kaliber der Iran-Einigung zu begleiten.

Als Richard Nixon 1972 überraschend nach China reiste, um das Eis tauen zu lassen, konnte er sich die Kehrtwende von der Konfrontation zur Öffnung auch deshalb leisten, weil ihm die Legislative keine Knüppel zwischen die Beine warf. Als der Demokrat Jimmy Carter 1978 die Kontrolle über den Panamakanal abzutreten beschloss, wusste er immerhin 16 republikanische Senatoren auf seiner Seite. Auch bei Abrüstungsverträgen mit der Sowjetunion – und später mit Russland – griff das Prinzip der "bipartisanship", des überparteilichen Schulterschlusses. 2010 etwa bekam das Weiße Haus für das Start-II-Abkommen mit dem Kreml 68 Senatorenstimmen.

Obamas Handschrift

So gesehen fällt die Causa Iran aus dem Rahmen. Gewiss liegt es auch daran, dass Republikaner wie McConnell dem Präsidenten den Erfolg nicht gönnen, das erste handfeste Ergebnis eines Normalisierungskurses, den Obama bereits im Kandidatenwettlauf ums Oval Office skizziert hatte und der seine Handschrift trägt wie kaum ein anderes Kapitel. Aber das allein erklärt die Spaltung noch nicht. Dass das sommerliche Ringen zu einem so heiklen Balanceakt wurde, sieht der Harvard-Politologe Nicholas Burns, prominenter Außenpolitiker in mehreren Administrationen, ganz wesentlich in der Vorgeschichte begründet. Einem Land, das US-Diplomaten als Geiseln nahm, das Terrorgruppen unterstützte und insgeheim Nuklearanlagen baute, schlage nun einmal beharrliche Skepsis entgegen, meint Burns.

Die Befürworter des Deals dagegen setzen auf das Prinzip Hoffnung, auf "Wandel durch Annäherung", darauf, dass ein Iran, in dem jeder Zweite jünger ist als dreißig, in 15 Jahren, wenn die Restriktionen wegfallen, erst recht nicht an einer Atombombe bastelt. Eine typische Stimme ist die Al Frankens, eines Senators aus Minnesota, liberal, die Vorfahren aus Europa eingewanderte Juden, der von Bedenken spricht, die er hier und da durchaus teile. Nein, dieser Deal sei nicht perfekt, aber wer Amerikas letzten perfekten Deal sehen wolle, der müsse zurückgehen bis in den August 1945, als Vertreter Japans auf der USS Missouri die Kapitulationserklärung unterschrieben – "und was für einen Preis hatten wir dafür zahlen müssen!" In Friedenszeiten, sagt Franken, gebe es nun einmal nur Kompromisse. (Frank Herrmann aus Washington, 11.9.2015)