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Seit Wochen wird in Ägypten demonstriert – neben Protest gegen die Korruption gingen auch Beamte gegen Kürzungen auf die Straße. Nun hat Präsident Sisi reagiert und die Regierung entlassen.

Foto: APA / EPA / Khaled Elfiqi

Überraschend hat Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi am Wochenende die Regierung von Premier Ibrahim Mahlab entlassen und so Spekulationen um den Austausch weiterer Minister nach dem Platzen eines großen Korruptionsskandals im Agrarressort ein Ende gesetzt. Ein neues Technokratenkabinett wird ebenfalls nur wenige Monate im Amt bleiben – so lange, bis das Parlament nach den Wahlen im Oktober und November seine Arbeit aufnimmt.

Mit dem bisherigen Erdölminister Sherif Ismail soll jener Minister vorerst das Zepter übernehmen, auf dessen Leistungsbilanz die meisten positiven Entwicklungen vermerkt sind. Erst vor wenigen Tagen konnte er die Entdeckung eines Gasfelds im Mittelmeer vermelden. Er hat es geschafft, die Energiekrise zu entschärfen und einen ersten Schritt zum Abbau der Erdöl-Subventionen vorzunehmen. Ismail, ein Ingenieur, war jahrelang für private und staatliche Ölfirmen tätig, bevor er 2013 zum Erdölminister ernannt wurde. Schon unter Mubarak war er einige Zeit als Vizeminister in diesem Ressort.

Mit der Entlassung von Mahlab und seiner "Bulldozer-Regierung" – der Bauingenieur Mahlab hatte bei seiner Ernennung versprochen, wie ein Bulldozer sämtliche Vorhaben schnell umzusetzen – reagiert Sisi auf die zunehmenden gesellschaftlichen Spannungen und die Enttäuschung in der Bevölkerung über Fehlleistungen und zum Teil auch Korruption.

Unrealistische Versprechen

Die Kritik betraf insbesondere das Gesundheits-, aber auch das Erziehungsministerium, dem Unregelmäßigkeiten bei der Zuteilung von Studienplätzen vorgeworfen wurden. Mehrere der angekündigten Großprojekte waren ganz einfach unrealistisch. Etwa das Versprechen, in einem Jahr eine Million Wohnungen mit einer Firma aus den Vereinigten Arabischen Emiraten zu bauen. Jetzt ist die Rede von 100.000.

Allerdings: Sämtlicher Unmut aus der Bevölkerung traf bisher stets die Regierung und nie den Präsidenten. Dass es in verschiedenen Segmenten der Bevölkerung gärt, ist ganz offensichtlich. In diesen Tagen gewinnt ein Boykottaufruf zum Verzicht auf den Kauf von Fleisch wegen der steigenden Preise immer mehr Zulauf. Aber am lautesten sind die Staatsangestellten. Vor einigen Wochen waren hunderte Polizisten auf der Straße, um gegen die schlechten Arbeitsbedingungen zu demonstrieren, und seit Monaten sorgt ein neues Beamtengesetz für Proteste verschiedener Berufsgruppen. Mit dem Gesetz werden vor allem Besoldung und Beförderung neu geregelt. Es wurde ohne Anhörung der Betroffenen in Kraft gesetzt, die nun um ihren Besitzstand fürchten.

Am Samstag war zu einer Großkundgebung im Kairoer Fustat Garden aufgerufen worden, wo auch ohne polizeiliche Genehmigung demonstriert werden darf. Mit einer ganzen Reihe von Schikanen haben die Sicherheitskräfte dafür gesorgt, dass es nur einige Hundert bis zum Versammlungsort geschafft haben. (Astrid Frefel aus Kairo, 13.9.2015)