Linz – Zwei Wochen vor der Landtagswahl in Oberösterreich kommt die bisherige Regierungskoalition aus der ÖVP von Landeshauptmann Josef Pühringer und den Grünen mit dem seit zwölf Jahren in der Landesregierung vertretenen Rudi Anschober unter Druck: Die aktuelle Hochrechnung des Linzer Meinungsforschungsinstituts Market für den STANDARD zeigt die ÖVP bei 40 und die Grünen bei zehn Prozent – eine Mandatsmehrheit der Landeskoalition ist damit nicht mehr automatisch gesichert.

Wer gut zusammenarbeiten kann

Wenn die ÖVP im vorhergesagten Ausmaß verlieren sollte, dann müsste sie sich womöglich um einen anderen Koalitionspartner umsehen – und der hieße nach den von Market erhobenen Daten am ehesten SPÖ. Market fragte für die einzelnen Parteien: "Wenn Sie an die Zeit nach der Wahl denken: Bei welchen Parteien würden Sie sagen, 'diese Partei ist ein geeigneter Partner für eine konstruktive Zusammenarbeit für die Zukunft Oberösterreichs'?"

Darauf nannten 78 Prozent die ÖVP, deren Chef ohnehin auch die höchste Zustimmung in der Landeshauptmannfrage hat. 59 Prozent halten die SPÖ für einen geeigneten Regierungspartner – 30 Prozent, darunter auffällig viele Männer und jüngere Befragte, sprechen ihr diese Eignung ab.

Die Grünen halten 54 Prozent für zur Zusammenarbeit geeignet – 39 Prozent sind gegenteiliger Meinung. Männer, Befragte mit niedriger Bildung und Befragte im mittleren Alterssegment zwischen 30 und 50 Jahren sind besonders kritisch.

Ablehnung der Freiheitlichen

Spiegelbildlich anders ist das bei den Freiheitlichen: Die FPÖ wird nur von 38 Prozent als geeigneter Koalitionspartner gesehen – von jenen Bevölkerungsgruppen, die der Regierungsbeteiligung der Grünen kritisch gegenüberstehen, werden die Freiheitlichen dagegen eher in der Regierung gewünscht. Erklärte Wähler von ÖVP, SPÖ und Grünen lehnen eine Koalition mit der FPÖ aber jeweils mit großer Mehrheit ab – insgesamt sagen 53 Prozent der Wahlberechtigten, dass die FPÖ nicht in ein Regierungsbündnis sollte.

Pühringer macht ÖVP stark

Market-Studienleiter David Pfarrhofer verweist auf ein Phänomen, das die Wahl stark beeinflussen dürfte: "Landeshauptmann Pühringer hat extrem gute persönliche Werte, 52 Prozent würden ihn direkt wählen. Diese Stärke auf Landesebene steht in scharfem Kontrast zu der Zustimmung, die ÖVP und SPÖ bei Bundesthemen haben. Wir haben ja nicht nur die Sonntagsfrage zur Landtagswahl gestellt, sondern auch gefragt, wie dieselben Leute bei einer Nationalratswahl stimmen würden. Und da brechen der ÖVP viele Wähler weg – und die FPÖ würde im Land zur stärksten Partei. Bei der Nationalratswahl 2013 hatte die FPÖ im Bundesland Oberösterreich 21,4 Prozent – jetzt käme sie aber auf 32 Prozent. Die ÖVP und die SPÖ wären mit 23 beziehungsweise 21 Prozent deutlich schwächer als zuletzt."

DER STANDARD ließ auch erheben, was die oberösterreichischen Wahlberechtigten als Folgen der Wahl wünschen. Ganz obenan stehen Einsparungen in der Verwaltung – diese sind vor allem den Befragten über 50 ein Anliegen.

Ausländerthema bewegt Frauen

An zweiter Stelle kommt bereits das Ausländerthema – bei weiblichen Befragten und bei Menschen, die nie über die Pflichtschule hinausgekommen sind, liegt dieses sogar an erster Stelle.

Pfarrhofer: "Die häufig genannte Vermutung, dass die Wähler bei Landtagswahlen den Regierungsparteien in Wien einen Denkzettel verpassen wollen, ist wenig ausgeprägt. In Oberösterreich sagen das nun 22 Prozent, im Frühjahr, als wir dieselbe Frage in der Steiermark gestellt haben, waren es 23 Prozent." Allerdings sind die Denkzettel-Wähler sehr ungleich verteilt: Bei den Anhängern von SPÖ und ÖVP machen sie nur rund zehn Prozent aus – von den FPÖ-Wählern will aber etwa jeder Zweite einen Denkzettel erteilen. (Conrad Seidl, 14.9.2015)