
Verkatert – und das auf Schlittschuhen: Das Ensemble bewegt sich in Susanne Lietzows Inszenierung von Büchners "Leonce und Lena" auf Eis.
Linz – Kalt ist die Epoche des Vormärz und groß die Sehnsucht nach dem Süden und der revolutionären Sonne: Regisseurin Susanne Lietzow macht keine Umwege bei der Bebilderung politischer Ansätze in Georg Büchners "Lustspiel". Marie-Luise Lichtenthals Bühnenbild zeigt einen Eislaufplatz, das Ensemble bewegt sich auf Schlittschuhen fort – bis auf Sebastian Pass, der den Valerio verletzungsbedingt bei der Premiere ohne Schlittschuhe, dafür großartig-bösartigst humpelnd spielte. Das Zentrum der Bühne bildet eine lange Bar, und der große Kater lässt nicht lange auf sich warten: Leonce erwacht mit einem solchen auf der Solariumbank, lässt Sandkörner über die Hand rieseln und sich "vom Leben angähnen".
Mit Leonce und Lena, dessen Veröffentlichung im Jahr 1895 der Autor nicht mehr erlebte, kritisierte Georg Büchner (1813-1837) Adel und Ständestaat. Leonce verkörpert Ödnis und Trägheit in den damaligen deutschen Kleinststaaten. Er – Prinz im Reiche Popo, das gerade noch vom senilen König Peter (Klaus Huhle am Rollator) regiert wird – und Lena, Prinzessin im Reiche Pipi, sollen verheiratet werden, ohne sich zu kennen. Das wollen beide nicht.
Und so flieht Lena mit ihrer Gouvernante (Rebecca Döltl als "Bardame") vor der Hochzeit, Leonce macht sich mit seinem Vertrauten und Alter Ego Valerio nach Italien auf. Die beiden treffen sich auf der Flucht, verlieben sich und werden, als Automaten verkleidet, vom dementen König – zum Schein – getraut.
Bei Büchner kündigt Leonce dann an, dass das Spiel "am nächsten Tag von vorne losgehe". Der Autor wollte damit auf die Hohlheit von Ritualen gehobener Stände im Angesicht des hart arbeitenden Volkes hinweisen.
Bei Lietzow erschießt sich Leonce allerdings und durchbricht den Kreislauf – eine der wenigen klaren, auch politischen Äußerungen in Lietzows Bearbeitung, die mit ihrer Mischung aus Gesangseinlagen, Tanz und Schlittschuhlauf eher musicalhaft und über weite Strecken unpolitisch ist. Sie hat durchaus ihre überzeugenden schauspielerischen Momente, gähnt in manchen Längen allerdings ins Publikum zurück. (Wiltrud Hackl, 14.9.2015)