Nordkorea glaubte, den Zeitpunkt für zwei provozierende Ankündigungen am selben Tag und hintereinander nicht besser wählen zu können: Zuerst ließ es am Dienstag die Welt wissen, dass es erneut einen Test seiner Langstreckenrakete plant. Es kaschierte diese von der Uno geächtete und mit Sanktionen belegte Maßnahme so wie früher als Satellitenstart. Stunden später gab es einen Durchbruch für seine Produktion von waffenfähigem Nuklearmaterial bekannt. Es werde "quantitativ wie qualitativ" bessere Atomwaffen herstellen können.

Pjöngjang bestätigte, dafür seinen Fünf-Megawatt-Reaktor in Yongbyon, 100 Kilometer nördlich der Hauptstadt Pjöngjang, wieder in Betrieb genommen zu haben. Sowohl die Anlage zur Urananreicherung, als auch der Reaktor seien "neu arrangiert, verändert und readjustiert" worden.

Säbelrasseln auch gegen China

Botschaft und Warnung richteten sich gegen die USA und Südkorea – aber auch gegen seinen einzigen politischen Verbündeten China, von dem sich Nordkorea nun ebenfalls isoliert fühlt. Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA nannte zudem einen innenpolitischen Grund, warum das Land nun atomare Muskeln zeigt: Das heruntergewirtschaftete Regime von Kim Jong-un, der seit seiner Machtübernahme Ende 2011 noch nie ins Ausland fuhr, will am 10. Oktober den 70. Gründungstag seiner Arbeiterpartei feiern und eine große Militärparade ausrichten.

Zu der hat es jüngst sogar Touristen eingeladen, weil sonst aus dem Ausland niemand kommt. Umso eindrucksvoller wirkt dann der Abschuss einer leistungsstarken Langstreckenrakete. Für sie wurde bereits, so berichtet Südkoreas Agentur Yonhap, eine 67 Meter hohe Abschussrampe errichtet.

Kühle Reaktion aus Peking

Peking reagierte kühl: Man rief zwar am Mittwoch alle Parteien in üblicher Weise zur Mäßigung auf. Aber Chinas Regierung war auch die erste, die Nordkorea wegen dem angekündigten Abschuss der Langstreckenrakete aufrief, sich an die UN-Resolutionen zu halten. Die Nachrichtenagentur Xinhua erinnerte daran, dass es nach dem letzten "Satellitenabschuss" Nordkoreas im Dezember 2012 nur zwei Monate dauerte, bevor Pjöngjang zum dritten Mal einen unterirdischen Atomtest unternahm.

Die außenpolitische Wirkung seiner Doppelaktion könnte Pjöngjang falsch eingeschätzt haben. Kommende Woche fährt Chinas Präsident Xi Jinping zu seinem intensiv vorbereiteten ersten Staatsbesuch in die USA. Angesichts der Probleme zwischen beiden Großmächten auf vielen anderen Gebieten verbindet sie ein gestärktes Interesse an der Stabilität der koreanischen Halbinsel. Nordkorea fordert beide heraus. Die Ankündigungen wirkten wie eine Ohrfeige für Vermittlungsversuche Chinas.

Ausgerechnet für kommendes Wochenende hat Peking zu einer internationalen Konferenz zur Feier von zehn Jahren "Durchbruch" bei den Sechs-Parteien-Gesprächen eingeladen. Am 19. September 2005 wurde dort gemeinsam mit Nordkorea ein Abkommen zur Atomabrüstung unterzeichnet. Außenminister Wang Yi wollte am Samstag dazu eine Festrede halten. (Johnny Erling aus Peking, 15.9.2015)