Jerusalem/Ankara – Bei neuen Zusammenstößen am dritten Tag in Folge sind am Dienstag rund um die Al-Aksa-Moschee in der Altstadt von Jerusalem 26 Palästinenser und fünf Polizisten verletzt worden. Mehrere hundert Polizisten waren am Dienstag im Einsatz.

Bereits an den beiden Tagen zuvor hatte es auf dem Hochplateau vor der Al-Aksa-Moschee, das gläubige Juden als Tempelberg verehren, Auseinandersetzungen gegeben, die international mit Beunruhigung aufgenommen wurden.

Junge Palästinenser bewarfen am Dienstag ein großes Aufgebot an israelischen Polizisten mit Steinen, wie ein AFP-Journalist beobachtete. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Blendgranaten. Von den 26 Palästinensern, die nach Angaben des Roten Kreuzes verletzt wurden, mussten zwei ins Krankenhaus gebracht werden. Die Polizei sprach von vier Festnahmen.

Die Spannungen stehen im Zusammenhang mit dem jüdischen Neujahrsfest (Rosh Hashanah), das am Sonntagabend begann. Nach Polizeiangaben wurden rund um den Bereich der Al-Aksa-Moschee in den vergangenen Tagen wesentlich mehr jüdische und touristische Besucher gezählt als üblich. Nach der derzeit gültigen Regelung dürfen Juden und andere nicht-muslimische Besucher den Tempelberg zwar besuchen, dort aber nicht beten. Rechtsradikale Juden versuchen immer wieder, das Verbot zu durchbrechen.

Türkische Präsident kritisiert Israel

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte Israel scharf und rief die Vereinten Nationen auf, in den Konflikt einzugreifen. In einem Telefonat mit UN-Generalsekretär Ban Ki-moon habe er den israelischen Polizeieinsatz auf dem Tempelberg als "nicht hinnehmbar" bezeichnet. Muslime seien darüber "sehr empört", meldete die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Ban betonte nach Angaben eines Sprechers, die Gewalt zeige, dass ein Friedensabkommen zwischen Israel und Palästinensern dringend notwendig sei.

Am Sonntag hatte die israelische Polizei die Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg von palästinensischen Jugendlichen geräumt, die sich dort verschanzt hatten. Die Behörden hatten das Tempelberg-Plateau oberhalb der Klagemauer am Vorabend des jüdischen Neujahrsfests (Rosch Haschana) für den allgemeinen Besuch freigegeben.

Häufiger Ort von Auseinandersetzungen

Die sowohl Juden wie auch Muslimen heilige Anhöhe in der Altstadt von Jerusalem steht häufig im Mittelpunkt von Spannungen. Die Klagemauer am Fuße der Anhöhe ist ein Überrest des zweiten jüdischen Tempels und ein wichtiger Gebetsort der Juden. Auf dem Plateau des Tempelbergs stehen der Felsendom und die Al-Aksa-Moschee, zwei zentrale Heiligtümer der Muslime. Nach Mekka und Medina ist die Anhöhe die drittheiligste Stätte des Islam.

Im Prinzip ist es nur Muslimen erlaubt, auf dem Tempelberg zu beten. Zu bestimmten Anlässen wird das Plateau aber auch für jüdische Besucher geöffnet. Davon machen meist nur radikale Juden Gebrauch. Die Muslime empfinden dies als Provokation. Pläne radikaler Juden, den vor fast 2000 Jahren zerstörten zweiten Tempel wieder aufzubauen, heizen die Atmosphäre immer wieder an. (APA, 15.9.2015)