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Der Präsident der Republika Srpska, Milorad Dodik.

Foto: AP / Amel Emric

Der Präsident des bosnischen Landesteils Republika Srpska (RS), Milorad Dodik, hat wieder einmal die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Dodik, der seit Jahren eine separatistische Politik verfolgt, droht seit einigen Wochen damit, ein Referendum über die gesamtstaatliche Justiz abhalten zu wollen. Dodik behauptet, die bosnische Justiz würde tendenziell mehr Urteile gegen Serben sprechen. Es geht ihm darum, den Gesamtstaat zu schwächen, um die Unabhängigkeit der RS auf die Agenda zu setzen. Vergangene Woche hat EU-Kommissar Johannes Hahn nun die Justizminister der RS, des zweiten Landesteils (Föderation) und des Gesamtstaats nach Brüssel eingeladen.

Die drei Minister einigten sich auf ein "Reformpaket", das allerdings so viel Interpretationsspielraum lässt, dass jeder seine Variante politisch verkaufen kann. Und während man in Brüssel denkt, dass damit das Referendum vom Tisch ist, sieht man das in der RS anders.

Keine Verschiebung der Abstimmung

Nebojša Radmanović, Vize-Chef von Dodiks Partei SNSD, stellte klar, dass man zwar den Kompromiss in Brüssel unterstütze, doch dass dieser nicht zu einer Verschiebung des Referendums führen könne. Das erinnert an das Jahr 2011, als Dodik mit einem Unabhängigkeitsreferendum gedroht hatte und die damalige EU-Beauftragte Catherine Ashton versuchte, mit einem Dialog über das Justizsystem das Ansinnen zu dämpfen.

Die separatistische Rhetorik Dodiks wurde damit aber nicht gestoppt. Die Nationalisten sind bereits seit Anfang der 1990er-Jahre gegen einen gemeinsamen Staat Bosnien-Herzegowina und bekämpften diesen im Krieg (1992–1995).

"Gegen die Vorschläge der Rechtsexperten"

Auch inhaltlich sorgt das Justizreform-Protokoll, das in Brüssel unterschrieben wurde, für Kritik unter Rechtsexperten. Die Reform des Strafrechts und die Schaffung eines Höchstgerichts sollen nach den Vorschlägen der RS erfolgen. Allerdings hat bisher noch niemand irgendeinen Entwurf aus der RS gesehen. Der Verfassungsexperte Edin Šarčević moniert zudem, dass das Höchstgericht nur für Fälle auf Gesamtstaatsebene als zweite Instanz zuständig sein soll, aber nicht für jene auf der Ebene der beiden Landesteile. "Das ist gegen die Vorschläge von den Rechtsexperten. Diese wurden in der Angelegenheit überhaupt nicht einbezogen. Das ist unprofessionell", so Šarčević von der Uni Leipzig.

Stattdessen verhandelte man mit Politikern – wobei etwa der Justizminister auf Gesamtstaatsebene, Josip Grubeša, nicht einmal Jurist ist. Allein parteipolitische Interessen zählten.

Einfluss und Kontrolle

Seit 2006 sind alle Initiativen zur Verfassungsreform, die von der EU oder den USA ausgingen, am Widerstand nationalistischer Politiker gescheitert. Dabei ist der Nationalismus nur das Vehikel, dahinter geht es um Einflusssphären und Kontrolle. Das Justizsystem wird von Parteien und einflussreichen Familien dominiert.

In der EU, die vor allem die wirtschaftliche Entwicklung in dem Balkanstaat fördern will, ist man sich bewusst, dass dies ohne eine funktionierende Justiz nicht möglich sein wird. Am 2. Oktober soll mit der EU weiter über die Justizreform verhandelt werden. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 15.9.2015)