Wien – Er galt als einer der Doyens der Wiener Architektur, wirkte mit seinem Bekenntnis zu einer "Architektur der Stille" stets dem Trend zur Sensationsarchitektur entgegen: Am 5. September ist Karl Mang 92-jährig verstorben, wie erst jetzt bekannt wurde. Das Künstlerhaus würdigte ihr Ehrenmitglied am Dienstag als "einen der bedeutendsten Architekten der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts in Wien".

Am 5. Oktober 1922 in Wien geboren, studierte Mang während und nach dem Zweiten Weltkrieg Architektur an der Technischen Hochschule in Wien bei Friedrich Lehmann. Seit 1952 arbeitete er als freischaffender Architekt, war aber auch als Lehrer, Schriftsteller und Institutsleiter tätig. Mit seiner Frau Eva Mang-Frimmel, die er an der Technischen Hochschule kennenlernte, eröffnete er 1954 ein Büro und schuf Inneneinrichtungen (etwa für das UN-Generalsekretariat in New York), große Wohnanlagen und Revitalisierungen. Als hervorragende Bauten gelten auch sein Atelierhaus für die Künstlerin Lydia Roppolt (1967) sowie sein Sommerhaus im Waldviertel (1972-78), die sich organisch in die Landschaft einfügen.

1972 bis 1983 war Mang Präsident des Österreichischen Instituts für Formgebung. In den 1980er-Jahren wurde er mit der Einrichtung der Schatzkammer in der Wiener Hofburg und dem Umbau des Palais Lobkowitz in das Österreichische Theatermuseum beauftragt. "Beiden Bauten ist die sensible Auseinandersetzung mit der historischen Bausubstanz ablesbar", schrieb das Architekturzentrum Wien (Az W) 2012 anlässlich einer Ehrung zu Mangs 90. Geburtstags.

Experimente mit massivem Beton und Blähton

Mangs Experimente mit massivem Beton und Blähton als Zuschlagstoff zur Wärmedämmung sowie auch die Ausstellung "Die Shaker" (1974), die in 15 großen Museen Europas gezeigt wurde, fanden weite Beachtung. "Wir bauen heute für eine breite Masse, unsere Bemühungen müssen den Ablauf des Lebens vieler Menschen berücksichtigen", schrieb Mang in seinem 2006 erschienenen Buch "Architektur der Stille". In diesem Sinne seien seine Bauten stets "menschengerecht, funktionell richtig, veränderbar, angemessen und immer bescheiden" gewesen, schreibt Architekt Manfred Nehrer nun in seinem Nachruf. Besonders wichtig sei Mang das Prinzip der Variabilität gewesen, "das er von der kleinsten Bauaufgabe, dem Ladenbau, bis zu seinen städtebaulichen Projekten stets anwendete".

Mit der Wanderausstellung "Kommunaler Wohnbau in Wien 1923-1934" gehörten Karl Mang und seine Gattin auch zu den ersten, die die Wiener Architektur der Zwischenkriegszeit wissenschaftlich bearbeiteten. Der zugehörige Ausstellungskatalog gehört ebenso wie "Thonet-Möbel" heute zu den Standardwerken auf diesem Gebiet. Zu seinem 85er erschien ein Band mit "Schriften – Skizzen – Erinnerungen". Er beinhaltet ausgewählte Blätter aus einem Fundus von über 300 Zeichnungen und 4.000 Skizzen von Bauten, Plätzen und Gärten aus vielen Ländern der Welt sowie Texte über die Entwicklung der Architektur in der Nachkriegszeit, Erinnerungen an Begegnungen mit berühmten Architekten der "Modernen Architektur" und Überlegungen zu manchen Problemen in seiner Heimatstadt Wien. (APA, 15.9.2015)