Wohlhabende Länder des Westens haben in der Wikipedia überproportional viel Einfluss.

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Egal ob Schulaufgabe oder Uni-Arbeit – Wikipedia-Artikel dienen oft als Hilfsmittel und Ausgangspunkt für weitere Recherchen. Die meisten Einträge sind detailiert ausgearbeitet, gut gepflegt und mit fundierten Quellen unterlegt.

Doch hinter den Kulissen wird praktisch dauernd um Definitionsmacht gerungen – etwa bei heiklen Formulierungen zu politischen Themen. Die Universität Oxford hat sich dies nun im globalen Kontext angesehen, berichtet Wired. Dabei stellten die Forscher fest, dass die Wikipedia stark unter dem Einfluss reicher, westlicher Länder steht.

708.000 Einträge ausgewertet

Im Fokus standen Wiki-Einträge, die sich auf bestimmte Orte bezogen und entsprechend mit einer Angabe von Breiten- und Längengrad gekennzeichnet waren. Damit wollte man man versuchen, die regionale Genauigkeit zu erhöhen. Insgesamt wurden 708.000 Texte in 44 Sprachen untersucht, die zwischen 2001 und Februar 2013 entstanden sind.

EU-Größen und USA dominieren

Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und die USA verzeichnen die meisten Wikipedia-Autoren. Doch selbst aus den Niederlanden, die nicht in den Top 10 auftauchen, werden mehr Änderungen registriert, als in ganz Afrika.

Die "Bearbeitungsmacht" der Nordamerikas übersteigt jenen der gesamten Subsahara-Anrainerstaaten um das Hundertfache, was allerdings nicht nur daran liegen soll, das dort mehr Menschen Zugang zum Internet haben.

Netzwerkeffekt

Ähnliches konnte man nämlich auch im Bezug auf die Einträge selbst beobachten. Die Forscher fanden heraus, dass ohnehin gut ausgebaute und prominente Artikel tendenziell viele weitere Autoren anzogen. Gleichzeitig neigten Wikipedia-Mitglieder aus einkommensschwachen Ländern dazu, häufiger Einträge über Städte wie New York oder Paris zu bearbeiten, statt Einträge über Orte in ihrer Heimat.

"In der Praxis sehen wir, wie bestehende Ungleichheiten nicht nur Orte unsichtbar machen, sondern andere Stimmen und Perspektiven ersticken", so Studienleiter Mark Graham. Die Entwicklung bevorzuge jene Orte, die ohnehin schon im "hellen Schein der Informationsproduktion" strahlten.

Wikipedia zu 90 Prozent männlich

Es handelt sich nicht um das einzige Ungleichgewicht in der Wikipedia-Community. Eine von der Wikimedia Foundation selbst durchgeführte Studie aus dem Jahr 2011 zeigte, dass 90 Prozent der Autoren männlich seien, während Frauen nur neun und Transsexuelle und Transgender-Personen nur einen Prozent stellen. (gpi, 16.09.2015)