Sofia/Ankara – Nachdem Ungarn seine Grenze zu Serbien de facto geschlossen hat, weichen Flüchtlinge auch auf das EU-Land Bulgarien aus. Wie bulgarische Medien am Mittwoch berichten, befinden sich rund 4.000 Flüchtlinge auf dem Fußmarsch von Istanbul über die türkische Grenzstadt Edirne nach Bulgarien.

Nachdem die türkischen Behörden die Busreisen aus Istanbul und Edirne nach Bulgarien gestoppt haben, um den Flüchtlingsstrom einzudämmen, machten sich die Schutzsuchenden zu Fuß auf den Weg nach Bulgarien, berichtete ein Korrespondent des bulgarischen Staatsradios BNR aus Istanbul. Zitiert wird der Gouverneur von Edirne, Dursun Ali Sahin, demzufolge die türkische Polizei die Flüchtlinge an der Weiterreise nach Bulgarien hindern wolle.

Grenzpolizei hält Menschen an

Sahin betonte allerdings, dass sich die Zahl der Flüchtlinge "lawinenartig" erhöht habe, nachdem westeuropäische Länder ihre Bereitschaft zur Aufnahme von Asylsuchenden erklärt hätten. Laut Augenzeugenberichten eines bulgarischen Busfahrers befinden sich Tausende Flüchtlinge auf dem Fußmarsch zwischen Istanbul und der bulgarischen Grenze und behindern den Verkehr.

Unterdessen hat die bulgarische Grenzpolizei etwa 200 illegale Einwanderer an der bulgarisch-türkischen Grenze aufgehalten und sie an der Einreise nach Bulgarien gehindert, wie die Nachrichtenagentur BGNES meldete. Weitere 32 Personen sind nahe der Grenze festgenommen worden, nachdem sie es geschafft hatten, über den Grenzzaun zu kommen.

Razzia in Sofia

In der Nacht auf Mittwoch hat die Polizei in der bulgarischen Hauptstadt Sofia eine neue Razzia gegen illegale Einwanderer und mutmaßliche Schlepper gestartet. Wie das Staatsradio BNR meldet, wurden dabei 33 Personen festgenommen.

Es gilt als erwiesen, dass der überwiegende Teil der Flüchtlinge aus der Türkei einreist und mithilfe von Schleppern bis nach Sofia im Westen des Landes gelangt. Nach einem kurzen Aufenthalt in Hostels und Privatwohnungen in der Nähe des Hauptbahnhofs werden sie an Taxifahrer vermittelt, die sie gegen umgerechnet 100 bis 200 Euro an die bulgarisch-serbische Grenze, etwa 40 Kilometer westlich von Sofia, fahren.

Gegen Extremisten

Die Polizei in Sofia betonte in einer Pressemitteilung, dass sich die meisten Flüchtlinge, die ohne Personalausweise nach Bulgarien einreisen, als syrische Staatsbürger ausgeben. "Bei den Gesprächen stellt sich allerdings heraus, dass sie in erster Linie aus Afghanistan und dem Irak stammen", heißt es in der Presseerklärung.

"Bulgarien überprüft die Personalien der Migranten, sowohl jener, die nach Bulgarien einreisen als auch jener, die das Land verlassen, sehr sorgfältig", erklärte die bulgarische Innenministerin Rumjana Batschwarowa gegenüber der Nachrichtenagentur BGNES. Dadurch soll ausgeschlossen werden, dass die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) Extremisten nach Bulgarien einschleust. Batschwarowa zufolge sind die verschärften Kontrollen mit ein Grund für die schleppenden Asylverfahren.

Die Ministerin gab darüber hinaus bekannt, dass die Migrationswelle an der bulgarisch-türkischen Grenze im Vergleich zum Frühjahr leicht abgeebbt sei. "Wir dürfen uns aber nicht täuschen, denn die Zahl der Flüchtlinge in Grenznähe nimmt ständig zu", warnte Batschwarowa. (APA, 16.9.2015)