Berlin – Der sogenannte eingebildete Tinnitus entsteht nicht durch ein echtes Geräusch, sondern durch eine Überaktivität bestimmter Nervenzellen im Hörzentrum des Gehirns. Diese seien – vergleichbar mit den Tasten eines Klaviers – nach ihrer Frequenz angeordnet und verursachten bei Überreizung ein entsprechendes Geräusch.

In Deutschland gibt es nun für Betroffene die App "Tinnitracks", die von dem Hamburger Start-up-Unternehmen Sonormed entwickelt wurde und zunächst von rund 30 Hamburger HNO-Ärzten getestet werden soll – bevor das Behandlungskonzept möglicherweise in ganz Deutschland angeboten wird. Das medizinische "Service" will Patienten "eine verblüffend einfache Behandlungsalternative" bieten und wird von der Techniker Krankenkasse (TK) erstattet, teilte die Versicherung am Mittwoch mit.

Lieblingsmusik als Heilmittel

Das einfache Konzept: Wer über einen Zeitraum von zwölf Monaten mindestens 90 Minuten pro Tag seine Lieblingsmusik hört, könnte dem Hörzentrum den störenden Ton abgewöhnen. Für die Therapie mit Tinnitracks ermittelt der HNO-Arzt die individuelle Tinnitus-Frequenz, die dann von der App aus der Lieblingsmusik herausgefiltert wird, um die betroffenen Zellen zu schonen. Das regelmäßige Hören der gefilterten Musik soll die Überaktivität der betroffenen Nervenzellen verringern und so den Tinnitus nachhaltig lindern.

Der TK zufolge habe sich das Verfahren in klinischen Tests bei Patienten zwischen 18 und 65 Jahren und einer Tinnitus-Frequenz unter 8.500 Hertz als wirksam erwiesen. Nun soll es unter Routinebedingungen erprobt werden. Die App kann in den Stores von Google und Apple gekauft werden. TK-Kunden bekommen die Kosten in Höhe von 19,90 Euro erstattet. (APA, AFP, 16.9.2015)