Erschöpft nach großen Taten? Caravaggios "Schlafender Cupido" ist im Kunsthistorischen Museum zu Gast.


Wien – Amor vincit omnia: "Der Liebesgott besiegt alles". So titelt ein Gemälde, das der italienische Meister Michelangelo Merisi (1571-1610), besser bekannt als Caravaggio, um 1600 schuf. Es zeigt ein geflügeltes, munteres Bürschchen, drauf und dran, mit Liebespfeil und Bogen in der kleinen Hand große Dinge zu tun.

Ganz im Gegensatz zu einem anderen Amor, den Caravaggio 1608 malte: Dieser, alles andere als ein Siegertyp, schläft nämlich. Ob er powernappt oder Winterschlaf hält, ist ungewiss. Vorläufig muss sich jedenfalls niemand fürchten vor seinen das Begehren erweckenden Pfeilen, die er bekanntlich völlig planlos, ja anarchisch verschießt.

Freilich könne er aber plötzlich aufwachen und den Betrachter anvisieren, sagt Stefan Weppelmann, Direktor der Gemäldegalerie im Kunsthistorischen Museum, wo Caravaggios Schlafender Cupido derzeit gastiert: Für die Auftraggeber, die zölibatär lebenden maltesischen Ritter, war das Bild also durchaus zwiespältig.

In der Entwicklungsgeschichte des Meisters dramatischer Hell-dunkel-Malerei, bekanntlich einer der wilderen Hunde der Kunsthistorie und auch körperlicher Gewalt nicht abgeneigt, repräsentiert das Gemälde indes jene Spätphase, in der das Licht die Körper nicht mehr sanft umspielte, sondern sie regelrecht "zerfaserte". (rg, 16.9.2015)