Salzburg – Ein Spiel mit Sprache, Klängen und Lautmalereien. Das diesjährige Taschenopernfestival "Sirenen" in der Salzburger ArgeKultur führt das Publikum in skurrile akustische Wahrnehmungswelten, in denen jeder das hört, was er hören will. Fünf Miniatur-Opern-Uraufführungen an einem Abend wurden dem Publikum bei der Premiere am Mittwochabend geboten. Das Genre des zeitgenössischen Musiktheaters wurde bis an die Grenzen ausgelotet.
Fünf junge Komponistinnen beschäftigten sich thematisch mit der "Sirenen-Episode" aus James Joyce' Ulysses. Ann Cleare, Wen Liu, Brigitta Muntendorf, Sarah Nemtsov und Jagoda Szmytka komponierten jeweils ein rund 20-minütiges Stück mit individueller Handschrift. Das 14-köpfige Ensemble schlüpfte in jeder Episode in andere Rollen. Heraus kam eine bunt gemischte Auseinandersetzung mit der Wirkung des Gesangs.
Klänge werden zu Wörtern, Wörter zu Phrasen, und sie kommen gehaucht, gepfiffen, gelispelt, gezischt, gesummt oder geflüstert aus den Mündern der Sängerinnen. Der Klang der Sprache wird ins Extreme ausgereizt bei Rinn, der ersten Miniatur der irischen Komponistin Ann Cleare. Brigitta Muntendorf setzte bei ihrer Kurzoper Bronze by Gold thematisch auf das Begehren. Angetrieben vom Sirenengesang der Sopranistin Annika Boos führten zwei Schauspieler durch die Sirenen-Episode. Die chinesische Komponistin Wen Liu komponierte mit The End of the Song ein Kammerspiel ohne gesprochene Sprache. In Sarah Nemtsovs Defekt übernimmt der Countertenor Bernhard Landauer die Rolle der Sirene.
Das österreichische Ensemble für Neue Musik (oenm) überzeugte durch präzise Spielweise und wurde mit seinen Klängen entweder zum Gegenspieler, Unterstützer oder Draufgeber für die lautmalerische Darbietung des Sängertrupps. Juan García Rodríges, der musikalische Leiter des Festivals, dirigierte auch stumme Passagen punktgenau. Das Taschenopernfestival ist eine Koproduktion von Klang21 und der ArgeKultur Salzburg. (Stefanie Ruep, 17.9.2015)