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Thomas Müller (rechts), ein Urgestein der Bayern, hat sich zu deren Superstar gemausert. Der 26-Jährige schießt viele und durchaus interessante Tore, auch im deutschen Nationalteam. Die Vereinsbosse loben ihn. Obwohl sie eigentlich keine Worte für Müllers Stärke und Kunst haben.

Foto: AP/ Petros Giannakouris

Piräus – Thomas Müller warf auf der Dachterrasse des Hotels Intercontinental Athenaeum noch schnell einen flüchtigen Blick auf die hell erleuchtete Akropolis, dann entschwand er in die laue Nacht. "Traumhaft", sagte er knapp. "Das tut gut, aber man muss ja trotzdem weitermachen."

Der zweifache Torschütze Müller, David Alaba und die Bayern in ihrer Gesamtheit sind standesgemäß in die Champions League gestartet. Das 3:0 bei Olympiakos Piräus spiegelte das Kräfteverhältnis wider. Fernziel ist das Finale am 28. Mai 2016 in Mailand, mit weniger wären die nimmersatten Bayern unzufrieden, es würde einen Selbstzerfleischungsprozess auslösen. Der Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge wollte sich bei seiner Bankettrede entsprechend nicht lange mit dem zwölften Starterfolg hintereinander oder gar den Krawallen vor dem Spiel mit einem verletzten Bayern-Fan aufhalten (die Ultras hatten gepöbelt, die Polizei daraufhin Schlagstöcke eingesetzt).

"Das habt ihr gut gemacht, bravo!", rief Rummenigge Müller und Co beim Verspeisen von flambierten Shrimps und gegrilltem Zackenbarsch zu. Aber es sei wichtig, "dass wir in den nächsten Wochen da weitermachen". Und zwar sofort am Wochenende beim Aufsteiger in Darmstadt. Dort, betonte Sportvorstand Matthias Sammer, "darfst du keine Punkte abgeben". Die Mannschaft müsse auch beim Außenseiter "Persönlichkeit und Ausstrahlung" zeigen. Wie vor 30.000 heißblütigen Griechen in Piräus. Wie vor allem Müller, der seit Wochen trifft, wie er will: Elf Tore gelangen ihm in den vergangenen sieben Pflichtspielen für die Bayern und die deutsche Nationalmannschaft. Das zehnte erzielte der 26-Jährige aus 32,9 Metern per verunglückte Flanke (52.). Ein typischer Müller. Er habe dem Ball "staunend hinterhergeschaut", sagte er danach und ergänzte schmunzelnd: "Ich weiß nicht, ob ich einen Pakt mit der griechischen Glücksgöttin geschlossen habe."

Treffer Nummer elf, Müllers 30. in der Champions League (deutscher Rekord), bekam er von Trainer Pep Guardiola "geschenkt". Müller hatte den Foulelfmeter in der Nachspielzeit Thiago überlassen wollen, doch der Coach bestand auf seinem Schützen Nummer eins. "Er hat sich auch in der Hierarchie in den Vordergrund gespielt", sagte Rummenigge. Von Sammer gab es ein Sonderlob. "Phänomene" wie Müller könne man nicht erklären, "er ist so gut, da gibt's keine Worte". Alaba bestätigte das. "Er ist eben unglaublich." Dass Müllers Lauf andauert, war indes nicht die einzige gute Nachricht. Auch Edeljoker Mario Götze traf (89.) und durfte sich über Guardiolas warme Worte freuen. "Ich liebe Mario Götze. Er wird viel spielen, weil er ein super Mensch und super Typ ist", sagte der Spanier. Dass Last-Minute-Zugang Kingsley Coman das Tor vorbereitete sowie den Elfmeter herausholte, sorgte bei den Bossen für noch zufriedenere Mienen.

Das sensationelle 2:1 von Dinamo Zagreb im Parallelspiel der Gruppe F gegen den FC Arsenal rundete die laue Spätsommernacht über den Dächern Athens ab. Nur Franz Beckenbauer fand ein Haar in der Suppe. "Standfußballer haben wir genug, die brauchen wir nicht beim FC Bayern", grantelte der Kaiser bei Sky in Richtung des Zugangs Arturo Vidal, "man kann Fehlpässe spielen und Zweikämpfe verlieren, aber der Einsatz muss stimmen". So wie bei Thomas Müller. (sid, red, 17.9.2015)