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Unerwünschte Blicke in den Schweinestall könnten künftig verwaltungsrechtlich bestraft werden.

Foto: APA/Carmen Jaspersen

Wien – Wird das unbefugte Betreten von Tierhaltungsbetrieben zur Verwaltungsstraftat erklärt, "unterstützt der österreichische Staat die Geheimhaltung rechtswidriger Zustände", sagt SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim im Gespräch mit dem STANDARD. Das Gesundheitsministerium arbeitet derzeit an Plänen für eine Schweinegesundheitsverordnung, durch die unbefugtes Betreten von Schweineställen österreichweit zur Verwaltungsstraftat erklärt würde.

Zwischen einer Verwaltungsübertretung und einer Besitzstörungsklage, die schon bisher möglich war, gibt es aber bedeutende Unterschiede. "Während bei der Besitzstörungsklage der Landwirt selbst – in der Regel mit anwaltlicher Vertretung – gegen den Störer gerichtlich vorgehen müsste, wäre im Fall einer Verwaltungsübertretung die Behörde verpflichtet, von sich aus ein Strafverfahren einzuleiten und gegebenenfalls eine Strafe zu verhängen", sagt Daniel Ennöckl, Professor am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien, zum STANDARD.

Ein Vorschlag der ÖVP

Im Gesundheitsministerium rudert man mittlerweile etwas zurück. Das Stallbetretungsverbot hält man eigentlich für nicht notwendig. Es gebe ohnehin die Möglichkeit einer Besitzstörungsklage. "Der Vorschlag für den Passus kam von der ÖVP", erklärt eine Sprecherin. "Der Entwurf zur 'Schweinegesundheitsverordnung' befindet sich in Diskussion und wird erst begutachtet." Deshalb wolle man keine weitere Reaktion abgeben, auch nicht zur vorgebrachten Kritik von Jarolim.

Auch Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) will keine Stellungnahme abgeben. Man sei nicht zuständig, sagt eine Sprecherin. Nur so viel: "Es geht hier nicht um eine politische Frage, sondern um eine fachliche zur Erhaltung der hohen Tiergesundheitsstandards in Österreich."

Hinter den Plänen zum Stallbetretungsverbot stecke die "übliche Raiffeisen- und Lobbyistengruppe. Man denke nur an den Tierschützerprozess", sagt Jarolim und fordert: "Der Schwachsinn der Agrarindustrie muss aufgeknackt werden." Die Sorge des SPÖ-Politikers gilt Kleinbauern, Konsumenten und gequälten Tieren. "Das Aufdecken von Zuständen zu verhindern ist inakzeptabel. Mir ist unverständlich, warum nichts gegen den tatsächlichen Skandal gemacht wird", meint Jarolim. "Massentierhaltung ist nicht in Ordnung."

Folgen der Massentierhaltung

Ohne den hohen Einsatz von Antibiotika wäre sie auch gar nicht möglich, erklärt Kristina Schubert, Leiterin von Greenpeace Österreich. Bei einem Test von konventionellem Schweinefleisch "war ein Viertel mit antibiotikaresistenten Keimen verseucht", sagt Schubert. "Irgendwer hat den Ernst der Lage nicht erkannt", fügt Jarolim hinzu.

In den ÖVP-regierten Bundesländern Ober- und Niederösterreich wird "das unbefugte Betreten" von fremden Ställen bereits als Verwaltungsübertretung geahndet. Die Zuständigkeit liegt bei den Bezirksverwaltungsbehörden. In Niederösterreich können Geldstrafen bis zu einer Höhe von 1500 Euro, in Oberösterreich bis zu 1000 Euro verhängt werden.

Die Vorteile für Landwirte, gegenüber einer Besitzstörungsklage: Ein Anruf oder Gang "zur Polizei oder Bezirksverwaltungsbehörde ist für Landwirte leichter, unkomplizierter und ohne Kostenrisiko", erklärt Martina Gruber vom Bauernbund Oberösterreich.

Neben der Polizei kommen in Niederösterreich auch "Feldschutzorgane" zum Einsatz. Sie bewachen landwirtschaftliches Eigentum. Für diese Tätigkeit reicht es, das 21. Lebensjahr vollendet zu haben und die österreichische Staatsbürgerschaft zu besitzen. "Geistige und körperliche Eignung" sowie Vertrauenswürdigkeit sind ebenfalls nötig.

Die "Hilfsorgane der Gemeinde" sprechen laut niederösterreichischem Feldschutzgesetz ein Gelöbnis aus und erhalten Dienstausweis und -abzeichen. "Feldschutzorgane" sind unter anderem berechtigt, verdächtig erscheinende Personen "zum Zwecke der Feststellung der Identität anzuhalten und Anzeige zu erstatten". Dabei stehen diese Wachorgane unter einem besonderen Schutz, der auch Exekutivbeamten zukommt. (Victoria Windtner, 18.9.2015)