Bild nicht mehr verfügbar.

Flüchtlinge warten nahe dem Bahnhof Beli Manastir im Nordosten Kroatiens auf die Weiterfahrt.

Foto: AP Photo/Darko Bandic

Bild nicht mehr verfügbar.

Nach der Grenzschließung versuchen viele, über Felder und Feldwege nach Kroatien zu kommen.

Foto: AP Photo/Manu Brabo

Zagreb/Ljubljana/Wien – Kroatien hat wegen des massiven Zustroms von Flüchtlingen die Grenzübergänge zu Serbien an den Straßen dichtgemacht. Sieben Grenzübergänge sind für den Verkehr bis auf Weiteres geschlossen, teilte das Innenministerium Donnerstagabend mit. Betroffen sind die Straßenübergänge Tovarnik, Ilok, Ilok 2, Principovac, Principovac 2, Erdut und Batina. Der Grenzübergang Bajakovo auf der Autobahn Zagreb–Belgrad steht nicht auf der Liste.

Freitagfrüh meldeten die kroatischen Behörden, dass deshalb nun viele Flüchtlinge nahe der Stadt Sid auf die grüne Grenze ausweichen, um von Serbien aus in das Land zu gelangen. Sie aufzuhalten, sei offenbar nicht möglich. Auch das slowenische Rote Kreuz bereitete sich auf die Ankunft von 5.000 Flüchtlingen bis Samstag vor.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán teilte unterdessen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit, dass sein Land auch an der Grenze zu Kroatien mit dem Bau eines Zaunes begonnen hat. "Wir müssen dieselben Maßnahmen ergreifen wie an der Grenze zu Serbien", sagte Orbán. Demnach wurden bereits 600 Soldaten zum Bau abgestellt, weitere 500 sollen am Freitag und noch 700 am Wochenende dazustoßen. Laut Reuters handelt es sich um einen 41 Kilometer langen Grenzabschnitt.

Erste Gruppe an slowenischer Grenze

Seit Mittwoch gibt es einen großen Zuzug von Flüchtlingen aus Serbien nach Kroatien. Bis Donnerstag, 22 Uhr kamen nach Angaben des kroatischen Innenministeriums rund 11.000 Flüchtlinge ins Land. Bereits am Donnerstag kündigte Innenminister Ranko Ostojić an, dass Kroatien seine Grenze zu Serbien schließen werde, sollte wieder mit einer so großen Zahl zu rechnen sei.

Rund 300 der bereits in Kroatien befindlichen Flüchtlinge haben nach Angaben der Polizei bis Donnerstagabend das Land mit dem Zug durchquert. Rund 150 davon konnten mit gültigen Dokumenten nach Slowenien einreisen.

Die andere Hälfte der Flüchtlinge, die keine geeigneten Dokumente hatten, ließ Slowenien nicht ins Land. Sie wurden vorläufig in drei Waggons auf dem Bahnhof Dobova untergebracht. "Wir werden die Flüchtlinge in kürzestmöglicher Zeit wieder nach Kroatien zurückschicken", sagte der slowenische Polizeisprecher Anton Stubljar zuversichtlich. Kroatien aber verweigerte laut Polizei die Rücknahme der 150 Personen. Sie wurden deshalb noch in der Nacht mit einem Sonderzug in das westslowenische Aufnahmelager Postojna gebracht.

Es war die erste größere Flüchtlingsgruppe, die aus Kroatien nach Slowenien einzureisen versuchte. Die Flüchtlinge kauften in Zagreb ihre Tickets für den Zug, der aus Belgrad über Ljubljana, Villach und Feldkirch nach Zürich fährt. Ihr Weg endete allerdings an der Schengen-Außengrenze. Laut slowenischer Polizei wurden weitere 100 Personen in der Nacht auf Freitag bei dem Versuch festgenommen, über die grüne Grenze aus Kroatien ins Land zu kommen.

Kritik aus Slowenien

Der slowenische Ministerpräsident Miro Cerar kritisierte das Verhalten Kroatiens als "nicht korrekt". So habe es niemals eine Vereinbarung beider Länder gegeben, einen Korridor für Flüchtlinge in Richtung Österreich einzurichten. Cerar hatte am Donnerstag dem eigens aus Wien angereisten Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) versichert, dass Slowenien seiner Verantwortung als Hüter der Schengen-Außengrenze gerecht werde.

Die slowenische Bahn hat in Absprache mit der slowenischen und kroatischen Polizei unterdessen den Zugverkehr über den Grenzübergang Dobova gestoppt, berichtete die Nachrichtenagentur STA. Am Donnerstagabend hätte hier ein weiterer internationaler Zug von Belgrad nach München fahren sollen, musste aber auf kroatischer Seite stehen bleiben, hieß es von der Bahn. Die Sperre sollte bis Freitagfrüh aufrecht bleiben. In Dobova kommen täglich sieben internationale Züge aus Zagreb an. Über den Grenzbahnhof verläuft die einzige internationale Zugverbindung zwischen Serbien und Deutschland.

300 kamen über Heiligenkreuz

Die deutsche Bundespolizei stoppte an der deutsch-österreichischen Grenze am Donnerstag rund 3.700 Flüchtlinge. Das waren rund 1.000 weniger als am Mittwoch, jedoch etwas mehr als am Dienstag. Zudem wurden acht Schlepper festgenommen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei Rosenheim in der Nacht auf Freitag.

Schwerpunkt war auch am Donnerstag die Saalachbrücke zwischen Salzburg und dem bayrischen Grenzort Freilassing. Auch die Bahnsteige in Freilassing seien teils voller Flüchtlinge gewesen, sagte der Sprecher. Nach der Registrierung in Sammelstellen der Region werden die Flüchtlinge auf ganz Deutschland verteilt.

In Österreich kamen in der Nacht auf Freitag rund 300 Flüchtlinge in Heiligenkreuz im Burgenland an. Laut Polizeiangaben wurden sie mit Bussen umgehend nach Wien weitertransportiert, Probleme seien keine aufgetreten. Ansonsten sei die Nacht im Burgenland ruhig verlaufen. Auch in Kärnten und Salzburg war die Lage nach Polizeiangaben ruhig. Auf der Saalachbrücke befänden sich derzeit keine Flüchtlinge mehr, hieß es.

Gabriel: Können nicht allen neue Heimat bieten

Der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) warnte unterdessen vor einer Überforderung Deutschlands durch die Flüchtlingskrise. "Deutschland hilft – aber wer hilft jetzt mal Deutschland?", sagte Gabriel der "Bild"-Zeitung vom Freitag. Deutschland könne zwar vielen Menschen eine neue Heimat bieten – "aber nicht allen".

Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) drohte mit der Überstimmung der Gegner einer Quote zur Flüchtlingsaufteilung in der EU per Mehrheitsentscheidung. "Es kann nicht sein, dass Deutschland, Österreich, Schweden und Italien die Last allein tragen. So funktioniert europäische Solidarität nicht", sagte er der "Passauer Neuen Presse" vom Freitag. Zur "Bild" sagte Steinmeier, dass sich weigernde Länder mit dem Entzug von Zahlungen rechnen müssten.

Auch der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven forderte alle EU-Mitgliedsstaaten auf, Verantwortung zu übernehmen. Es sei nicht akzeptabel, dass Deutschland, Österreich und Schweden sowie noch ein, zwei weitere Länder "die ganze Verantwortung schultern", sagte der Sozialdemokrat vor einem Treffen mit Bundeskanzler Faymann am Freitag in Wien. (APA, 18.9.2015)