Moskau/Berlin – Der Konzern Axel Springer gibt wegen eines umstrittenen Mediengesetzes in Russland nach mehr als zehnjähriger Tätigkeit sein Geschäft in dem Riesenreich auf. Der russische Unternehmer Alexander Fedotow werde 100 Prozent der Anteile übernehmen, teilte der deutsche Konzern am Donnerstag mit.

Die bisherige Chefin von Axel Springer Russland, Regina von Flemming, will 20 Prozent des Geschäfts von Fedotow, Eigentümer des Verlags Artcom Media, übernehmen. Zum Kaufpreis machten beide Seiten keine Angaben.

Ausländische Investoren sehen sich in Russland zum Verkauf gezwungen, weil ihnen ein neues Mediengesetz nur noch eine Beteiligung von maximal 20 Prozent erlaubt. Die im vergangenen Jahr vom Parlament im Eiltempo durchgewunkene und von Kremlchef Wladimir Putin im Oktober unterzeichnete Novelle tritt am 1. Jänner 2016 in Kraft.

Einfluss zurückdrängen

Russland will so den Einfluss ausländischen Kapitals auf russische Medien massiv zurückdrängen. Parlamentspräsident Sergej Naryschkin hatte das Gesetz mit nationalen Sicherheitsinteressen begründet. Vor allem kremlkritische Medien sehen sich seit Jahren wachsendem Druck ausgesetzt. Dem Vernehmen nach soll verhindert werden, dass westliche Investoren Einfluss auf redaktionelle Inhalte nehmen.

Springers bisherige Russland-Chefin Regina von Flemming will mit einer Übernahme der Anteile vor allem die Redaktion von "Forbes" erhalten. Das Magazin mit einer Auflage von 100.000 Exemplaren wird auch wegen seiner Ranglisten der reichsten Russen viel beachtet. "Mein Team und ich sind froh, Alexander Fedotow als unseren neuen Mehrheitseigner zu haben", sagte Regina von Flemming. Axel Springer Russland gibt unter anderem auch die russischsprachigen Hochglanzzeitschriften "Ok!" und "Geo" heraus.

"Ich bin sicher, dass der Kauf von Axel Springer Russland unsere Position auf dem Geschäftsfeld festigen wird", sagte Fedotow einer Mitteilung zufolge. Die 2008 gegründete Artcom Media wachse "sehr schnell" mit Zeitschriften für Mode und Architektur. Das Unternehmen gibt zudem in Russland und Deutschland das Magazin "L'officiel" heraus.

Beschränkungen bei Radio- und TV

Bisher gab es keine Begrenzung für ausländisches Kapital in russischen Printmedien. An Radio- und TV-Sendern durften Ausländer maximal 50 Prozent der Anteile halten. Das neue Gesetz bezieht neben Radio und Fernsehen auch Print- und Onlinemedien ein.

Es ist nicht der erste Rückschlag für Springer in Russland. 2010 hatte der Verlag nach sechs Jahren das verlustreiche kremlkritische Nachrichtenmagazin "Russki Newsweek" wieder eingestellt. Diese Lizenzausgabe des US-Nachrichtenmagazins "Newsweek" galt seit ihrem Erscheinen Mitte 2004 als Flaggschiff eines unabhängigen Journalismus in dem sonst stark von Staatsmedien dominierten Markt in Russland.

Nach eigenen Angaben wurde die russische Tochtergesellschaft der Axel Springer AG im Jahr 2003 gegründet. Ziel war es demnach, eine Spitzenstellung auf dem russischen Markt der Printmedien zu erreichen. (APA, 18.9.2015)