Christian Hölbling spielt im Café Niedermair sein neues Programm "Ich kann auch anderst".

Foto: Nikolaj Orasche

Wien – "I bin a Ölien, bin a echter Ölien, bin a Steirer in Völkermarkt" – der Mechanismus des Humors ist oft recht simpel: Der oder die Belachte verhält sich der Situation unangemessen. Der Habitus passt nicht ins Feld, der Prinz nicht in die Arbeiterfamilie. Christian Hölbling weiß und nutzt das. In seinem neuen Programm Ich kann auch anderst erzählt er scharf beobachtend von sozialen und räumlichen Deplatzierungen.

Und dabei nimmt er auch auf eigene Erfahrungen Bezug: Stings Englishman in New York kennt er nicht als "Alien" sondern als "Ölien", als in der Steiermark Aufgewachsener und in Kärnten Lebender. Ob er wirklich vom Kärntnervirus, wie er fürchtend auf der Bühne des Café Niedermair preisgibt, bedroht ist, weiß der Zuschauer nicht. Die augenzwinkernde Beschreibung der schleichenden Erkrankung wirken bis hin zu Symptomen des Sprachverfalls authentisch: Wenn nur mehr Kärntner die Beispielsätze verstehen, dann ist es vielleicht schon zu spät und der Steirer aus dem Kabarettisten verscheucht.

Christian Hölbling

Hölbling spielt mit der eigenen Autobiographie, beschreibt den Tourneealltag genau so überzeugend wie das Aufeinandertreffen mit Peter Brabeck-Letmathe. Letzteres habe auf Anregung Hölblings zur Erfindung Nespressos geführt, weil dieser dem Nestlé-Chef riet, er solle Café wie Bonbons verkaufen und von einem Hollywood-Star bewerben lassen. Nur so sei es möglich, einen Kilo auch um 80 Euro zu verkaufen.

Man will diese Forrest Gump-Geschichte nur zu gern glauben, was an Hölblings schauspielerischem Talent liegt: Mit kleinen Gesten und mit exakter Sprache gelingt es ihm, in Personalunion mehrere Charaktere auf die Bühne zu stellen: Sein kapfenberger Bandleader Mike, ein Mann mit leicht cholerischen Tendenzen und einem kernigen Hass auf VIP-Zelte, fährt mit Hölbling zur Eröffnung eines Wellnessressorts. Dass die Band dort im Bereich der very important people auftritt, führt zu wunderschön lustigen Hasstiraden und Diskussionen, wie auch der Lebensstil Hölblings zum Zankapfel wird – smart home und Hugo Boss-Kleidung führen beinahe zum Zerwürfnis der beiden. So betreibt Ich kann auch anderst elegante Gesellschaftskritik, ohne den Erzählfluss zu brechen.

Sogar die Songs sind gut in das Programm eingebettet. Lässige Swing-Nummern werden dialektal überfärbt und entwickeln eine schräge Komik. Christian Hölbling wollte sich mit seinem neuen Programm nach 15 Jahren Herfried neu erfinden. Soweit, so gut! (Florian Kutej, 18. 9. 2015)