Ministerin Aurelia Frick: private Sammlungen nur unter staatlichem Schutz, wenn es liechtensteinisches Kulturgut ist.

Foto: Elma Korac

Wien/Vaduz – Frisch, dynamisch, jung: So möchte Aurelia Frick, Liechtensteins Ministerin für Äußeres, Bildung und Kultur, ihr kleines Land im Rest der großen Welt gesehen wissen. "Man bringt uns mit vielen Klischees in Verbindung. Mit unserer Kultur können wir zeigen, dass wir mehr sind als ein kleines Land in den Alpen."

Die Sammlung des Liechtensteiner Ehepaars Batliner etwa bereichert als Dauerleihgabe die Wiener Albertina. Und in einem Erweiterungsbau des Kunstmuseums Liechtenstein zeigt die private Hilti Art Foundation ihre exquisite Sammlung klassischer Moderne und zeitgenössischer Kunst. Die Eröffnung des mit privaten Mitteln errichteten weißen Kubus im Mai zählte, neben der Eröffnung der Schatzkammer, zu den Höhepunkten des zum Kulturjahr ausgerufenen Jahres 2015.

Mit Collateral Events, kuratiert vom Vaduzer Künstlerkollektiv Schichtwechsel, gastiert das Land erstmals bei Venedigs Kunstbiennale im Palazzo Trevisan der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia.

Während die großen Kulturinstitutionen direkt subventioniert werden (rund 3,1 Millionen Euro erhält das Kunstmuseum, das Theater zirka 1, 9 Mio. Euro), wurde für die freie Szene 2008 die mit rund 2,1 Mio. Euro dotierte Kulturstiftung ins Leben gerufen. 3000 Personen aller Sparten, von Volks- bis zur Avantgarde-Kunst, werden aus diesem Topf gefördert.

Etwa 37.000 Menschen leben in Liechtenstein, deutlich weniger als in einer mittelgroßen österreichischen Landeshauptstadt: Klagenfurt etwa hat fast dreimal so viele Einwohner wie der sechstkleinste Staat der Welt.

Der Ausländeranteil beträgt 34 Prozent; doch mit der aktuellen Flüchtlingswelle sind bisher nur sechs Familien – insgesamt 23 Menschen – in Vaduz gelandet.

STANDARD: Liechtenstein wird von bösen Zungen gern als Traumdestination für Steuerflüchtlinge bezeichnet. 23 Kriegsflüchtlinge sind hingegen nicht gerade viel, oder?

Frick: Stimmt, das mag in absoluten Zahlen wenig klingen, relativiert sich aber im Vergleich zu unserer Bevölkerungszahl. Liechtenstein hat eine lange humanitäre Tradition. Wir arbeiten eng mit UNHCR zusammen, wir unterstützen Flüchtlingslager in Jordanien. Als Außenministerin stelle ich mir die Frage, was wir vor Ort tun können, damit sich die Situation, vor allem in Syrien und Eritrea, verbessert. Als Bildungsministerin stelle ich mir die Frage, wie man Kinder und Jugendliche möglichst schnell in unser Bildungssystem integrieren kann. Und als Kulturministerin stelle ich mir die Frage, wie die verschiedenen Kulturen einander bereichern können.

STANDARD: Welche Rolle kann und soll die Kultur spielen?

Frick: Ich glaube, ein Schlüssel ist der rasche Spracherwerb. Das Sprachkursprojekt "Liechtenstein Languages" ist ein Projekt zur Förderung der deutschen Sprache mit dem speziellen Fokus auf Migranten. In einem Pilotprojekt, zu dem wir auch Vertreter von österreichischen und Schweizer Hilfsorganisationen eingeladen haben, haben wir unsere Methode "Neues Lernen" erprobt. Wir wollen Lehrer und freiwillige Helfer aus Europa ausbilden, damit sie diese Methode bei Flüchtlingen und Asylsuchenden anwenden können. Ich hoffe, wir können dieses Programm sehr kostengünstig anbieten und so als solidarischer Partner eine unserer Größe entsprechende Rolle auf der Weltbühne spielen.

STANDARD: Apropos Weltbühne: Das Kunstmuseum setzt auf ein ausgesprochen mutiges Avantgardeprogramm abseits des Mainstreams. Ein Konzept, um sich in einer doch sehr kompetitiven internationalen Kunstszene als kleines Land bemerkbar zu machen?

Frick: Das zählt in Liechtenstein für fast alle Bereiche: Wir müssen Schwerpunkte setzen. Im Kunstmuseum besetzen wir mit dreidimensionaler Kunst, Arte povera und Minimalismus eine Nische, die uns Attraktivität und Visibilität gibt. Unser Direktor und die Chefkuratorin sind seit mehr als zehn Jahren international bestens vernetzt, viele der von ihnen kreierten Ausstellungen werden von anderen Museen übernommen.

STANDARD: Liechtenstein gilt auch als interessanter Kunst-Handelsplatz.

Frick: Wir arbeiten gerade an einem Kulturgütergesetz, mit dem wir den Schutz unseres liechtensteinischen Kulturguts mit liberalem Denken für Sammler unter ein Dach bringen wollen. Also: Wir wollen unser Kulturgut schützen, gleichzeitig sollen Sammler innerhalb gesetzlicher Rahmenbedingungen frei mit ihrer Kunst verfahren können. Das heißt: Private Sammlungen können nicht unter staatlichen Schutz gestellt werden – es sei denn, es handelt sich um spezifisch liechtensteinisches Kulturgut. In anderen Ländern gibt es ja manchmal die Tendenz, dass man private Sammlungen stärker beobachten oder mit Ausfuhrverbot belegen möchte.

STANDARD: Was genau verstehen Sie unter liechtensteinischem Kulturgut?

Frick: Entweder in Liechtenstein geschaffene Kunst oder Werke liechtensteinischer Künstler. Unser Fürstenhaus sammelt beispielsweise viel Rubens. Aber diesen Künstler würde man nicht mit Liechtenstein identifizieren, Rubens hat nie hier gearbeitet. (Andrea Schurian, 19.9.2015)