Die glatte, ebene Fläche, durchbrochen nur von einem gezackten Steilhang, auf der Südseite des Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko in der Region Imhotep hat sich zwischen dem 24. Mai und dem 11 Juli 2015 dramatisch verändert. Die verschiedenfarbigen Pfeile markieren unterschiedliche beckenförmige Vertiefungen, die sich nach und nach ausdehnen.

Fotos: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA

Köln – Die Sonne setzt dem Kometen Tschurjumov-Gerasimenko ordentlich zu: Eine der markantesten Landschaften auf dem Kometen existiert nicht mehr – weil sie durch die zuletzt zunehmende Sonneneinstrahlung auf dem Kometen komplett umgestaltet wurde, wie das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) am Freitag in Göttingen mitteilte.

Statt eines auffälligen, gezackt verlaufenden Steilhangs erstrecken sich in der betroffenen Region nun zwei große beckenförmige Vertiefungen. Dies zeigen Bilder des Rosetta-Kamerasystems "Osiris", mit denen jetzt die ersten sichtbaren Oberflächenveränderungen auf dem Kometen dokumentiert wurden.

Forscher des "Osiris"-Teams berichten von ihren Entdeckungen auf der Südseite des Kometen in der Fachzeitschrift "Astronomy & Astrophysics". Der kurz "Tschuri" genannte Komet hatte am 13. August – begleitet von der europäischen Raumsonde "Rosetta" und deren Landeroboter "Philae" – den sonnennächsten Punkt seiner Umlaufbahn um unser Zentralgestirn erreicht.

Schon in den Monaten zuvor war unter dem Einfluss der Sonne aus dem knapp 4 Kilometer durchmessenden Brocken aus Eis, Staub und gefrorenen Gasen ein aktiver Komet geworden, der große Mengen Staub und Gas ins All spuckt. Die "Osiris"-Bilder belegen nun, wie sich auf Tschuri die Oberflächenregion mit der Bezeichnung "Imhotep" bereits zwischen dem 24. Mai und dem 11. Juli dramatisch veränderte.

Wachsende Vertiefungen

"Die Erosionen beginnen als kleine, runde Vertiefungen, die dann um sich greifen und sich nach und nach ausdehnen", berichtete der Wissenschafter Olivier Groussin vom Laboratoire d'Astrophysique de Marseille, der Erstautor der neuen Studie. Fünf solcher Stellen, zwei größere mit Durchmessern von zuletzt 140 und 220 Metern und drei kleinere, konnte der "Osiris"-Wissenschaftler beobachten.

"Dies ist das erste Mal, dass wir mitverfolgen können, wie sich eine Kometenoberfläche Schritt für Schritt entwickelt", erläuterte der MPS-Forscher Holger Sierks, der das "Osiris"-Team leitet und Zweitautor der Studie ist.

Die Rosetta-Sonde hatte ihren Zielkometen Tschuri im August 2014 erreicht. Im vergangenen November landete Rosettas Minilabor Philae auf dem entenförmigen Kometen. Die erfolgreiche Kometenmission der Europäischen Weltraumagentur ESA soll bis Ende 2016 fortgesetzt werden.

In den kommenden Monaten wollen die Forscher die Oberflächenveränderungen auf dem Kometen weiter verfolgen. "Bisher steht nur eins fest", betonte Sierks: "Der Komet, von dem wir uns im Herbst 2016 verabschieden werden, wird nicht mehr derselbe sein, den wir im August 2014 kennengelernt haben." (APA/red, 20.9.2015)