Sofia/Wien – Der Grazer Automobilzulieferer Magna sondiert Möglichkeiten für eine neue Produktionsschiene in Bulgarien. Mit offiziell 3,80 Euro in der Stunde sind die Lohnkosten in Bulgarien so niedrig wie nirgendwo sonst in der EU. "Wir führen Gespräche, aber das ist normales Tagesgeschäft", sagte Magna-Sprecher Rej Husetovic. Konkrete Pläne gebe es derzeit nicht. Gespräche würden auch in anderen osteuropäischen Ländern geführt.

Vertreter von Magna waren gleichwohl vergangenen Mittwoch vom bulgarischen Regierungschef Boiko Borissow nach Sofia eingeladen worden. Die bulgarische Seite habe sich sehr bemüht, hieß es danach, die Gespräche verliefen in netter Atmosphäre. Die von den Konservativen geführte Regierung soll den Österreichern einen Standort in Mittelbulgarien für ein neues Autowerk angeboten haben.

Andere Gespräche geplatzt

Anlass für die Intervention der bulgarischen Regierung war das Scheitern früherer Gespräche von Magna mit dem Automobilhersteller Litex in Lowetsch im Norden Bulgariens Anfang September. Litex produziert und vertreibt derzeit Allradfahrzeuge des chinesischen Herstellers Great Wall Motors in Osteuropa. Gedacht war an einen Kauf der Produktionsstätte, wobei der Vertrieb der "Great Wall"-Fahrzeuge bei der bulgarischen Firma geblieben wäre und Magna Allradfahrzeuge wie in Graz gebaut hätte. Als Kaufsumme wurden zwischenzeitlich zehn Millionen Euro kolportiert. Die Investition hätte der Region langfristig bis zu 5000 neue Jobs bringen können, hieß es.

Gute Wahlwerbung

Für die Borissow-Regierung wäre ein Vorabschluss von Magna in Lowetsch eine günstige Nachricht vor den Kommunalwahlen im Oktober gewesen. Nordbulgarien zählt zu den ärmsten Regionen im ohnehin sozial schwachen Bulgarien.

Litex zählt allerdings zur Konkursmasse der bulgarischen Handelsbank KTB, was die Verkaufsgespräche mit Magna komplizierte und schließlich scheitern ließ. Gegen Litex-Eigentümer Grischa Gantschew ermittelt die Staatsanwaltschaft seit 2012 wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung. Auf die Auslieferung des KTB-Mehrheitseigners Tswetan Wassilew durch die serbischen Behörden wartet die bulgarische Justiz seit einem Jahr. Wassilew galt bis zum Zusammenbruch seiner Bank im Juni 2014 als einer der einflussreichsten Investoren in Bulgarien. (Markus Bernath, 18.9.2015)