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Flüchtling werden in Ungarn wieder in Busse befördert.

Foto: EPA/ANTONIO BAT

Salam Aleikum", sagt der Kroate mit den coolen Tropfen-Sonnenbrillen scherzhaft. Er sitzt im Café Song an der Allee Dubrovnik, das vor dem Messegelände in Zagreb liegt, wo seit Donnerstag Flüchtlinge eintreffen. Hier sagt sonst niemand "Salam Aleikum", sondern "Bog", was so viel wie "Grüß Gott" bedeutet. Aber seit zwei Tagen ist alles anders. In das sonst so homogene Kroatien kommen erstmals viele Ausländer.

Helfer haben einige Flüchtlinge, die auf dem Hauptbahnhof angekommen sind, abgeholt und zum Messegelände gebracht. Sie stehen nun vor dem Eingang der Betonhalle. "Die meisten Flüchtlinge sind schon wieder weg", erzählt ein Polizist. "Die wollen hier nicht bleiben", sagt auch die Flüchtlingshelferin. "Premier Milanovic wird sie weitergehen lassen. Heute hat er: "Fuck Schengen!" gesagt", meint die schmale rothaarige Frau. "Fuck Schengen" kommt bei Flüchtlingshelfern gut an. Aber "Fuck Schengen" heißt übersetzt auch, dass Milanovic so schnell wie möglich die Flüchtlinge loswerden will.

Premier: "Besinnen, dass wir auch Hirn haben"

Zoran Milanovic hat natürlich nicht wirklich "Fuck Schengen" gesagt, aber am Tag zwei, nachdem erstmals Flüchtlinge nach Kroatien kamen, hatte der Premier festgestellt: "Wir haben gezeigt, dass wir Herz haben, nun müssen wir uns besinnen, dass wir auch ein Hirn haben." Kroatien könne nur ein Transitland für die Flüchtlinge sein, mehr könne man nicht tun.

Er berief sich auf die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und sagte, dass die Dublin-Regeln nicht mehr gelten würden, insofern werde man nun andere Regeln anwenden. Was er damit meinte, zeigte sich am Nachmittag: Laut kroatischen Medien wurden 20 Busse mit Flüchtlingen – etwa 1500 Personen – an die ungarische Grenze zurückgeführt. Die Flüchtlinge dachten dabei, dass die Busse sie nach Zagreb bringen würden. Medien zufolge kamen daraufhin aus Ungarn zahlreiche Busse und holten die Flüchtlinge an der Grenze ab.

Zaun an Grenze

Ungarn hat in der Zwischenzeit angekündigt, einen Grenzzaun entlang der 41 Kilometer langen ungarisch-kroatischen Grenze zu bauen. Und obwohl Kroatien alle sieben Grenzübergänge nach Serbien am Freitag geschlossen hat, kamen Flüchtlinge über die Felder, die Wiesen und die Wälder nach Kroatien. Am Freitag hatten sich mehr als 14.000 in Kroatien registrieren lassen.

Am Mittwoch hatte Milanovic noch von einem Korridor Richtung Slowenien gesprochen, am Donnerstag hatte dann Innenminister Ranko Ostajic verkündet, dass die Flüchtlinge nicht weiter nach Slowenien gelassen würden, weil Kroatien die Schengen-Regeln einhalten wolle. Die widersprüchliche Interpretation der beiden hat wohl damit zu tun, dass der Innenminister zeigen will, dass Kroatien schengenreif ist – schließlich will man schon kommendes Jahr dem Abkommen beitreten. Der Premier will hingegen dem Volk gefallen, in ein paar Monaten sind Wahlen, und die werden für Milanovic äußerst knapp.

Nach Slowenien weiter

Die Situation in Tovarnik an der serbischen und in Beli Manastir an der ungarischen Grenze hat sich indes zugespitzt. Nach Beli Manastir kamen jene Flüchtlinge, die an der serbisch-ungarischen Grenze in Horgos seit drei Tagen nicht weiterkönnen, weil Ungarn die Grenze dichtmachte. "Wir wurden von der ungarischen Grenze abgeholt", erzählt der junge Mann aus Aleppo, "dann sind wir mit dem Zug über Osijek nach Zagreb gekommen."

Einige Hundert Flüchtlinge sind bereits in der Nacht von Donnerstag auf Freitag nach Slowenien weitergereist. Im slowenischen Brezice im Westen von Zagreb wurden sechs Aufnahmezentren eingerichtet. (Reportage: Adelheid Wölfl aus Zagreb, 19.9.2015)