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Migranten hinter dem ungarischen Grenzzaun bei Asotthalom.

Foto: REUTERS/Laszlo Balogh

Unruhe ist in den vergangenen Tagen entstanden. Besonders durch die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, die Aussetzung von Zügen und Busverbindungen hat Deutschland jenen Menschen, die sich über Ungarn und Österreich durchgeschlagen hatten neuerlichen Stress verursacht. Und die Zwischenstationen sind seither an die Kapazitätsgrenzen gestoßen, so sagen das die Verantwortlichen. Haben die europäischen Außenministerien, Innenministerien, Flüchtlingsbeauftragten und sonstige Informationsdienste keine Kenntnis über die Bewegungen aus den Krisengebieten?

Genauer betrachtet ist die Situation allerdings nicht nur künstlich heraufbeschworen, weil aufgrund der über Wochen über den Balkan ziehenden Menschen durchaus absehbar gewesen wäre, wohin diese flüchtenden Menschen wollen und entsprechende Vorkehrungen längst getroffen sein könnten. Sie ist auch eine sehr zynische, denn die Gefährdung von Menschenleben müsste nicht sein: Flüchtenden Menschen wird sehenden Auges zugemutet, dass sie in ihrer Verzweiflung durchs Meer schwimmen, in ungeeignete Bootsbehelfe steigen, dann elendslange Gewaltmärsche durchstehen und sich durch unwegsames Gelände oft hungernd und durstend durchschlagen müssen, um letztlich vor Stacheldrahtzäunen zu stehen, durch minengefährdetes Gebiet zu gehen und oft wie Verbrecher gejagt zu werden. Auf diesen langen Wegen brechen Krankheiten aus, werden Kinder geboren, müssen die Menschen unglaubliche Strapazen ertragen, um dann vielleicht auf einer Brücke nach Freilassing zurückgewiesen zu werden? Bitte warten.

Refugee-TV?

Wir wissen also seit Monaten, dass diese Menschen entschlossen ihr Leben retten wollen und sehen ihnen zu, als wäre Europa ein gigantisches Dschungelcamp mit geilem Reality-Faktor? Warum nicht gleich Webcams an den Küsten und Wanderrouten aufbauen, für werbefinanzierte Live-Übertragungen im Refugee-TV?

Europa versündigt sich an den Menschen, die um ihr Überleben laufen. Schon geil, zu wievielen Marschkilometern Verzweifelte fähig sind, was? Schau, dort drüben kommt wieder einer!

Kein Hindernislauf

Flüchtende Menschen haben jeden Anspruch auf Schutz. Wer glaubt, die Menschen per Wassergraben und Hindernislauf aussieben zu dürfen, macht sich schuldig. Selektion von Flüchtlingen ist zynisch. (Bernhard Jenny, 18.9.2015)