Bild nicht mehr verfügbar.

Der Großteil der Baumax-Mitarbeiter wird von der Heimwerkerkette Obi, die 49 der 65 Baumax-Märkte übernimmt, weiterbeschäftigt, aber hunderte Stellen könnten verlorengehen. Für diese Mitarbeiter wurde ein Sozialplan erarbeitet, der laut Medien 7,5 Millionen Euro kosten soll.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien – "Ohne Betriebsrat kein Sozialplan und ohne Sozialplan kein Schutz der Mitarbeiter vor sozialen Härten!" Diese Botschaft verbreiten Arbeitnehmervertretungen geradezu mantraartig, wenn Unternehmen zu einem Personalabbau gezwungen sind.

Ein Sozialplan ist – verkürzt gesprochen – eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat, die den von einer Restrukturierung betroffenen Mitarbeitern kollektiv Leistungen zuspricht. Infrage kommen etwa freiwillige Abfertigungen und Unterstützungsmaßnahmen, die den Mitarbeitern die Erlangung eines neuen Jobs erleichtern (z. B. Arbeitsstiftungen).

In der Praxis sehen die meisten Sozialpläne vor, dass die Leistungen nur bei der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses ausgeschüttet werden. Diese Art der Beendigung erspart Unternehmen mühsame Kündigungsanfechtungen im Anschluss an einen Personalabbau.

Doch entgegen der landläufigen Meinung hat der Betriebsrat kein Monopol darauf, in einem Unternehmen kollektive Leistungszusagen an Mitarbeiter einzuführen, für die es im Gegenzug zu einer einvernehmlichen Beendigung von Dienstverhältnissen kommt.

Bei der Restrukturierung des Baumax-Konzerns, bei dem nur an ganz wenigen Standorten Betriebsräte existierten, wurde auch ohne Betriebsrat in Rekordzeit ein kollektives Leistungspaket für die Mitarbeiter entworfen. Es sichert der Belegschaft unter den gleichen Voraussetzungen freiwillige Leistungen zu und mildert dadurch die nachteiligen Folgen des Personalabbaus entscheidend. Berücksichtigt wurden dabei insbesondere das Alter, die Dienstzeit, das Gehalt und der besondere Kündigungsschutz (z. B. Elternkarenz, Elternteilzeit, Behinderung).

Gewerkschaft eingebunden

Um sicherzustellen, dass auf die Interessen der betroffenen Mitarbeiter im größtmöglichen Umfang Bedacht genommen wird, wurde das Sozialpaket gemeinsam mit einem von der Belegschaft ausgewählten Vertrauenskomitee ausgearbeitet. Durch eine zusätzliche Beiziehung der Gewerkschaft wurden die Mitarbeiter darin bestärkt, dass die ausgehandelten Leistungen angemessen und ausgewogen sind.

Rasch hat sich gezeigt, dass diese Art der Leistungsgewährung breite Akzeptanz bei der Belegschaft findet. Für die Mitarbeiter spielte es dabei keine Rolle, ob das Dokument den Titel "Sozialplan", "Sozialpaket" oder einen anderen Namen trägt – Hauptsache, es enthält faire Lösungen und legt die gleichen Maßstäbe bei allen Mitarbeitern an – ein Erfolgskonzept, das in Zukunft vermutlich eine Reihe von Nachahmern finden wird.

Oftmals wird "unechten" (also nicht mit dem Betriebsrat ausgehandelten) Sozialplänen die Existenzberechtigung abgesprochen, weil diese nicht dieselbe steuerrechtliche Begünstigung wie echte Sozialpläne genießen würden. Derartige Bedenken sind vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtslage nicht unberechtigt. Es besteht allerdings die begründete Erwartung, dass die Finanzbehörden hier in naher Zukunft einen Schwenk vollziehen werden. Nicht zuletzt aus Gleichbehandlungserwägungen sollten Leistungspakete mit generellem Charakter, die nachteilige Folgen einer Restrukturierung abmildern, steuerlich gleichbehandelt werden wie eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat.

Schlichtungsstelle als Option

Sozialpläne mit dem Betriebsrat haben dennoch nicht ausgedient. Sie sind nach wie vor ein starkes rechtliches Instrument, um zielgerichtet Leistungsmodelle zu entwerfen, die Restrukturierungsmaßnahmen für Mitarbeiter erträglicher machen. Durch die Möglichkeit, bei einer Nichteinigung mit dem Betriebsrat vor die Schlichtungsstelle zu gehen und die Entscheidung der Schlichtungsstelle sogar mit einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht bekämpfen zu können, wird im Sozialplanverfahren ein hohes Maß an Objektivität sichergestellt.

Anzuerkennen ist allerdings gleichzeitig, dass das Vorhandensein eines Betriebsrats nicht mehr unabdingbare Voraussetzung dafür ist, für die Mitarbeiter attraktive Leistungspakete zu schnüren. Bei einer Restrukturierung ist auch in betriebsratslosen Unternehmen rasches Handeln gefragt. Für eine Betriebsratswahl bleibt oft keine Zeit. Auch kommt es nicht selten vor, dass die Belegschaft schlicht keinen Betriebsrat errichten möchte. Dann sind kollektiv wirkende Sozialpakete eine empfehlenswerte Alternative. (Philipp J. Maier, 22.9.2015)