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Geschönte Resultate: Jetzt will VW den Schaden begrenzen.

Foto: Reuters/Bimmer

Wolfsburg – Volkswagen hat Manipulationsvorwürfe der US-Umweltbehörde EPA bei Abgastests von Dieselautos in den USA eingeräumt. "Die Manipulation an der eingesetzten Software hat es gegeben", sagte ein Sprecher des Konzerns am Sonntag in Wolfsburg.

Zuvor hatte VW-Chef Martin Winterkorn in einer Erklärung sein Bedauern darüber ausgedrückt, das Vertrauen von Kunden und der Öffentlichkeit enttäuscht zu haben. Der Vorstand nehme die Verstöße sehr ernst. Winterkorn hat eine umfassende Aufklärung des Abgasskandals angekündigt. "Ich persönlich bedauere zutiefst, dass wir das Vertrauen unserer Kunden und der Öffentlichkeit enttäuscht haben", teilte Winterkorn am Sonntag in Wolfsburg mit.

Höchste Priorität

"Die Geschehnisse haben für uns im Vorstand und für mich ganz persönlich höchste Priorität." Die US-Umweltbehörde EPA beschuldigte VW, mithilfe einer Software die Resultate von Abgasuntersuchungen von Diesel-Pkw geschönt haben.

VW habe eine externe Untersuchung in Auftrag gegeben. "Klar ist: Volkswagen duldet keine Regel- oder Gesetzesverstöße jedweder Art", sagte Winterkorn. Volkswagen werde alles daran setzen, Vertrauen, wiederzugewinnen. "Wir arbeiten mit den zuständigen Behörden offen und umfassend zusammen, um den Sachverhalt schnell und transparent vollumfänglich zu klären", sagte der Konzernchef.

Die US-Umweltbehörde EPA warf VW vor, die Ermittlungen von Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen manipuliert zu haben. Betroffen sind bisher rund 482.000 Autos. Laut EPA soll das Programm ermöglichen, das Abgas-Kontrollsystem nur bei offiziellen Emissionstests zu aktivieren. Das würde bedeuten, dass die Luftverpestung im Normalbetrieb viel höher wäre. Bisher seien Fahrzeuge der Baujahre 2009 bis 2015 aufgefallen, darunter das für VW in den USA wichtigste Modell Jetta, aber auch der Golf, Beetle und der Passat und der Audi A3.

"Solche Mittel zu benutzen, um die Klimaschutzstandards zu umgehen, ist illegal und eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit", hatte EPA-Vertreterin Cynthia Giles gesagt. Ihre Behörde werde die Untersuchungen in diesem "sehr ernsten" Fall fortsetzen. Dabei sei nicht auszuschließen, dass weitere Verdachtsfälle ans Licht kämen.

Praxis in Europa untersuchen

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer fordert nun auch, die Praxis von Abgastests in Europa zu untersuchen. "Sicherlich müssen jetzt auch die EU-Kommission und das Bundesverkehrsministerium den Dingen nachgehen und klären, inwieweit diese Software auch in Europa und Deutschland eingesetzt wurde und falsche Abgaswerte vorgaukelt", sagte Dudenhöffer den Zeitungen der Funke Mediengruppe ("Berliner Morgenpost", "Hamburger Abendblatt", "Westdeutsche Allgemeine").

Daimler-Chef Dieter Zetsche sagte am Sonntag bei einer Veranstaltung der Wochenzeitung "Die Zeit", es sei zu früh, um die Sache zu bewerten. "Ich weiß viel zu wenig über den Fall, um zunächst mal beurteilen zu können, wie gerechtfertigt der Vorwurf Volkswagen gegenüber ist und ob wir zu hundert Prozent und in jeder Betrachtungsweise davor völlig sicher sein können", sagte Zetsche.

Der Autofachmann Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach sagte, bei VW müsse es strukturelle Änderungen geben. "Da ist etwas fundamental schiefgegangen bei VW", sagte Bratzel der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Es sei sehr verwunderlich, dass die mutmaßlichen Machenschaften der amerikanischen US-Tochter nicht längst an Wolfsburg gemeldet worden seien und das Durchgreifen der Konzernspitze nach sich gezogen hätte.

Bärendienst für Technologie

Wie andere Branchenkenner ist Bratzel entsetzt: "Das ist ein Bärendienst für die ganze deutsche Dieseltechnologie", sagt er. Hierdurch würde das Image von Dieselautos – in den USA ohnehin in einer Nische – schwer beschädigt. Auch BMW und Daimler seien dadurch indirekt betroffen. "Man versucht seit Jahren, die Dieseltechnologie zu etablieren in den USA – und jetzt das", sagte Bratzel. (APA/Reuters, 20.9.2015)