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Für Präsident Hollande ist Frankreichs Glas halbvoll, für Moody's ist es halbleer.

Foto: AP/ Francois Mori

Griechenland ist, zumindest wirtschaftspolitisch betrachtet, nicht das einzige Sorgenkind der Eurozone. Auch auf Frankreich richten sich wieder die Blicke der Ökonomen und Anleger. Vergangene Woche hatte schon die Französin Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds, ihrem Herkunftsland "mutige und rasche" Reformen nahegelegt. Am Freitagabend doppelte Moody's nach und stufte die Benotung Frankreichs von Aa1 auf Aa2, das heißt von der zweit- auf die drittbeste Note zurück – bei immerhin "stabiler" Aussicht.

Der Hauptgrund für die Entscheidung sei "natürlich" das schwache Wirtschaftswachstum Frankreichs, teilte Moody's mit. Selbst die französische Regierung rechnet nur mit einem Prozent Wachstum in diesem Jahr und 2016 mit 1,5 Prozent. Diese Annahme gilt als zweckoptimistisch und soll wohl auch die Wiederwahlchancen von Präsident François Hollande stützen.

Wirtschaftsflaute

Moody's hält sich aber nicht mit politischen Rücksichten auf, sondern bezeichnet die Wirtschaftsflaute auch als "Bremse für eine Umkehr der bedeutenden Schuldenlast Frankreichs". Diese hat Ende März 97,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes erreicht und nähert sich immer mehr der 100-Prozent-Schallgrenze. Ihr Betrag von 2090 Milliarden Euro liegt vielen Analysten der Eurozone schwerer auf als die griechischen Finanzprobleme.

Moody's macht zwar klar, dass Frankreich durchaus zahlungsfähig bleibe. Seine Wirtschaft sei gut diversifiziert und profitiere von einem relativ hohen Bevölkerungswachstum sowie von tiefen Finanzierungskosten. Dies weckt aber in Paris Fragen, was denn geschähe, wenn die Zinsen zehnjähriger Anlagen ansteigen würden.

Der französische Finanzminister Michel Sapin nahm die zweite Rückstufung nach 2012 lapidar "zur Kenntnis". Mit dem ihm eigenen Talent, auch in schlechten Nachrichten Positives zu sehen, erklärte er, die letzten Wirtschaftszahlen Frankreichs zeugten von der "Fähigkeit der Regierung, mehr Wachstum und Beschäftigung zu produzieren und zugleich die Finanzen zu sanieren". Frankreich sei entschlossen, die nötigen Reformen "fortzusetzen und auszudehnen".

Reform des Arbeitsrechts

Präsident Hollande will noch in diesem Jahr das französische Arbeitsrecht reformieren. Experten rechnen allerdings nicht mit konjunkturell wirksamen Neuerungen. Wirtschaftsminister Emmanuel Macron schlägt zwar immer wieder wirkliche Reformschritte wie die Aufweichung der 35-Stunden-Woche vor. Sein letzter Vorstoß von Freitag – eine Änderung des lebenslangen Kündigungsschutzes für Beamte – wurde aber von Hollande umgehend zurückgewiesen. Dies verstärkt noch den allgemeinen Eindruck eines sehr zögerlichen Reformkurses.

Auch das französische Haushaltsdefizit sinkt langsamer als bisher versprochen. Nachdem Brüssel Frankreich einen neuen Aufschub gewährt hat, soll es nun erst 2017 um drei Prozent sinken. Sapin bleibt aber auch diesbezüglich optimistisch und erklärte, die Staatsschuld werde sich "2016 deutlich unter 100 Prozent stabilisieren, um dann nach und nach zurückzugehen". (Stefan Brändle aus Paris, 21.9.2015)