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Rot-Kreuz-Helfer versorgen Flüchtlinge auf ihrem Weg von Hegyeshalom nach Nickelsdorf.

Foto: AP/Csaba Krizsan

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Feldbetten für durchreisende Flüchltinge am Salzburger Hauptbahnhof Anfang September.

FOTO: APA/BARBARA GINDL

Bis jetzt haben Unterbringung und Verpflegung von Flüchtlingen sowie ihre Begleitung bei der Weiterreise reibungslos funktioniert – trotz der vergleichsweise großen Anzahl von Menschen in kurzer Zeit. Und trotz mangelnder oder keiner Informationen aus den Anreiseländern. Gemanagt haben das neben der Polizei vor allem gemeinnützige Organisationen mit ihren Freiwilligen sowie Freiwillige aus der Zivilgesellschaft.

Mit Katastrophen "wachsen"

Ein kommerzielles, also gewinnorientiertes Unternehmen – das etwa in Traiskirchen tätig ist –, hätte das aus einem einfachen Grund nicht geschafft: Ihm fehlt die "Aufwuchsfähigkeit". Die gemeinnützigen Rettungsdienste in Österreich verfügen über die Möglichkeiten, auch auf unvorhergesehene Großschadensereignisse und Katastrophen rasch und wirksam zu reagieren. Denn sie "wachsen" mit einer Katastrophe mit. Ihre Ressourcen – Personal, Material, erprobte Alarmierungswege – bilden nämlich auch die Basis für die Katastrophenbewältigung und die Gefahrenabwehr. Oder eben für die Betreuung zehntausender Flüchtlinge.

Kommerzielle erfüllen Verträge

Kommerziellen Rettungsdienstleistern geht diese Aufwuchsfähigkeit ab. Sie erfüllen ihre Verträge, in denen steht, wie viel Personal und Fahrzeuge sie für ein bestimmtes Gebiet benötigen. Deshalb kommt auch bei ihnen das erste oder zweite Rettungsauto noch. Das achte, zehnte oder fünfzehnte – wie bei einem Zugsunglück oder jüngst bei der Amokfahrt in Graz – aber nicht mehr. Weil es gar nicht vorgehalten wird.

Das Gleiche gilt für das Personal. Ohne die Freiwilligen des Roten Kreuzes stünden in Österreich 70.000 ausgebildete Helferinnen und Helfer weniger zur Verfügung. Die kommerzielle Rettung hat – im Gegensatz zur gemeinnützigen – diese Freiwilligen nicht. Den gemeinnützigen Rettungsdiensten in Österreich ist es zudem bei Großereignissen vom Hochwasser 2013 bis zur laufenden Flüchtlingshilfe stets gelungen, die regulären Rettungs- und Pflegedienste aufrechtzuerhalten, obwohl viele Einsatzkräfte wegen der aktuellen Ereignisse gebunden waren.

"Aktuelle Ereignisse" hat bis Mitte September bedeutet: 9000 Flüchtlingshelfer des Roten Kreuzes waren 13 Tage im Dauereinsatz und haben dabei insgesamt 80.000 Menschen auf der Flucht versorgt sowie 80 Notunterkünfte für bis zu 12.000 Personen täglich betrieben. Und das ist sicher nur eine Zwischenbilanz, denn der Flüchtlingseinsatz ist noch nicht zu Ende.

Rettungsdienst wird kommerzialisiert

Das alles sollte man wissen, wenn demnächst nach außen hin weniger Spektakuläres verhandelt wird: Das österreichische Vergaberecht muss bis nächsten April novelliert werden. Da könnte es passieren, dass alles, was nicht mit Blaulicht und Notarzt an Bord zum Patienten rast, zur Kommerzialisierung freigegeben wird. Beim Roten Kreuz wird zum Glück nur bei knapp fünf Prozent der Einsätze im Jahr auch ein Notarzt benötigt. Es ist aber gerade der große Rest, der die Aufwuchsfähigkeit ausmacht.

Natürlich sind auch in der Vergaberechtsdebatte die üblichen Verdächtigungen geäußert worden wie: Das Rote Kreuz hat ja nur Angst um seine Pfründe aus öffentlichen Mitteln. Auch da sollte man besser auf die Fakten blicken, denn es ist genau umgekehrt: Allein die freiwilligen Helferinnen und Helfer des Roten Kreuzes leisten pro Jahr 11,2 Millionen unentgeltliche Stunden. Konservativ mit 27 Euro bewertet, ersparen sie der öffentlichen Hand – also uns allen – damit jährlich über 300 Millionen Euro. Bis jetzt. (Gerald Schöpfer, 21.9.2015)