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Bowe Bergdahl in einem von seinen Entführern veroffentlichten Video ...

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... und im Gerichtssaal (links, mit seinen Verteidgern)

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San Antonio, Texas – Der US-Soldat Bowe Bergdahl, der mit seiner Flucht aus einem Stützpunkt in der südostafghanischen Provinz Paktika eine monatelange Suchaktion ausgelöst hatte, muss sich möglicherweise vor einem Militärgericht verantworten. Falls er verurteilt wird, droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.

In dem am Freitag begonnenen Vorverfahren erklärte Generalmajor Kenneth Dahl, der die Ermittlungen leitet und den Soldaten mehrmals verhört hat, dass Bergdahl keinesfalls geplant habe, zu den Taliban überzulaufen, als er am Abend des 30. Juni 2009 den Beobachtungsposten Mest-Lalak verließ. Er habe vorgehabt, in der Nacht den 30 Kilometer langen Fußmarsch zu einem anderen Stützpunkt zu absolvieren, um dort höherrangigen Offizieren über Probleme bei seiner Einheit zu berichten.

Zahlreiche Missverständnisse

Bergdahl sei im ländlichen Idaho aufgewachsen und habe Probleme, Beziehungen zu seinen Mitmenschen aufzubauen, so der Ermittler. Dahl zufolge habe der mutmaßliche Deserteur zahlreiche Aussagen seiner Kameraden und Vorgesetzten wörtlich genommen, die nicht so gemeint gewesen wären: So hätte in der Grundausbildung ein Offizier gesagt, er liebe es, "so wie alle Soldaten, zu brandschatzen und zu plündern", worüber sich der Soldat empört habe.

Als sein Vorgesetzter in Afghanistan sich darüber aufregte, dass nicht alle Soldaten der Einheit vorschriftsmäßig gekleidet seien, und im Zorn gegen am Boden liegende Steine trat, habe Bergdahl angenommen, dieser schände gerade ein muslimisches Grab. Seine Kameraden hätten mit Verwunderung auf diese Annahme reagiert, so Dahl.

Gefangenschaft in einem Käfig

Auf dem Weg zum nächsten Stützpunkt wurde Bergdahl schließlich von Mitgliedern der mit den Taliban verbündeten Haqqani-Gruppe gefangengenommen. Diese brachten ihn umgehend nach Pakistan. In Gefangenschaft wurde er gefoltert, laut den Ermittlern schlugen ihn seine Entführer mit Kabeln und Gummischläuchen.

Nach einem missglückten Fluchtversuch, bei dem er fast neun Tage lang durch die Landschaft irrte, sperrten ihn seine Entführer in einen Käfig, der kaum hoch genug war, um darin zu stehen. Dort verbrachte er den Großteil der folgenden dreieinhalb Jahre seiner Gefangenschaft. Außerdem litt er die meiste Zeit an heftigem Durchfall, sagte Verteidigungszeuge Terrence Russell, der sich beruflich mit der Suche nach vermissten Soldaten beschäftigt.

Suchaktion und Gefangenentausch

Während Bergdahls Gefangenschaft lief in Afghanistan eine großangelegte Suchaktion nach dem Verschwundenen an. Berichte, dass bei dieser bis zu sechs US-Soldaten ums Leben gekommen seien, konnten nicht bestätigt werden, sagte Dahl aus. Allerdings hätten die eilig geplanten Suchmissionen andere Operationen verunmöglicht und so die Sicherheitslage verschlechtert.

Am 31. Mai 2014 tauschte die US-Regierung Bergdahl dann gegen fünf im Internierungslager Guantánamo festgehaltene mutmaßliche Taliban-Kämpfer ein. Der mittlerweile 29 Jahre alte Soldat wurde umgehend über Deutschland in die USA ausgeflogen, seit Mitte Juni des Vorjahres laufen die Ermittlungen gegen ihn. (red, 21.9.2015)