So könnte der etwa kuhgroße Pflanzenfresser Bunostegos akokanensis ausgesehen haben.

Illu.: Marc Boulay

Schulter, Oberschenkel, Ellenbogengelenk sowie Elle und Speiche deuten auf die "moderne" Anatomie des Ur-Reptils hin.

Illu.: Morgan Turner

Providence – Paläontologen der Brown University in Providence haben im Niger Überreste des womöglich ältesten bekannten Wirbeltieres entdeckt, das sich auf vier gerade gestreckten Beinen fortbewegte: Bunostegos akokanensis, ein pflanzenfressendes Ur-Reptil, durchstreifte vor rund 260 Millionen Jahren den Superkontinent Pangäa.

Im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen, deren Gliedmaßen wie bei heutigen Krokodilen erst ab dem Ellenbogen nach unten geknickt waren, tat es das ähnlich wie Kühe oder Pferde – mit geraden, unter dem Körper stehenden Beinen. Wie die Forscher um Morgan Turner im "Journal of Vertebrate Paleontology" berichten, dürfte das Ur-Reptil damit wesentlich besser in der Lage gewesen sein, große Distanzen überwinden.

Unvollständiger Erstfund

Die ersten fossilen Überreste von Bunostegos akokanensis entdeckten Turner und Kollegen bereits 2003. Doch damals ging man aufgrund der mangelhaften Datenlage noch davon aus, dass sich das Reptil wie die anderen bekannten Wirbeltiere dieser Zeit mit abgebogenen Vorderbeinen eher schwerfällig fortbewegte. Alle früheren Funde etwa von Pareiasauridae, zu denen B. akokanensis zählte und die zu ihrer Zeit die größten und schwersten Landtiere waren, zeugen von einer solchen behäbigen Anatomie.

Die Entdeckung von vorderen Gliedmaßen rückte den etwa kuhgroßen Pflanzenfresser nun in ein ganz anderes Licht: "Viele Tiere hatten zu dieser Zeit ähnliche aufrechte oder semi-aufrechte Hinterbeine", so Turner. Das Besondere an Bunostegos seien aber die Vorderbeine, die eine völlig neuartige Körperhaltung bedingten. "Sie erlaubten keine breitbeinige Position, das ist einzigartig."

Charakteristische Gelenke

Demnach war das Schultergelenk gerade nach unten ausgerichtet anstatt nach außen. Der Oberschenkel müsse also ebenfalls vertikal ausgerichtet gewesen sein und konnte gar nicht zur Seite abstehen, so Turner. Zudem weise der Oberschenkelknochen keine Verdrehung auf, wie sie aus Funden anderer Zeitgenossen des Reptils bekannt sei.

Aber auch der Ellenbogen unterscheide sich sehr deutlich von der Anatomie anderer Landtiere dieser Zeit: Elle und Speiche bildeten mit dem Oberschenkel ein scharnierartiges Gelenk – ähnlich einem menschlichen Knie. Bunostegos konnte seine Unterschenkel also nur nach vorn und zurück bewegen. Ein krokodilähnlicher Gang wäre mit diesem Gelenk nicht möglich gewesen.

Fortbewegungsvorteil

Die Forscher nehmen an, dass diese bemerkenswerte anatomische Entwicklung eine Anpassung an den extremen Lebensraum Bunostegos war. Denn vor 260 Millionen Jahren war die Region des heutigen Niger (wie teilweise auch heute) extrem trocken, Wasserstellen mit üppigen Pflanzen lagen weit auseinander. Die breitbeinige Fortbewegung mit abgeknickten Beinen dürfte über weitere Distanzen wenig effektiv und äußerst energieraubend gewesen sein.

Die Entwicklung des aufgerichteten Ganges könnte für Bunostegos ein überlebenswichtiger Vorteil gewesen sein. Bis er, wie alle anderen Pareiasauridae, dem großen Massenaussterben an der Perm-Trias-Grenze dann doch zum Opfer fiel. (David Rennert, 21.9.2015)