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Expräsident Dmitri Medwedew ernannte Wjatscheslaw Gaiser zum Gouverneur. Der galt bis zuletzt als "effizientes" Regionaloberhaupt.

Foto: AP / Dmirtry Astakhov

Lauter Warnschuss für die russische Elite: In einem Großeinsatz hat das russische Ermittlungskomitee am Wochenende eine "kriminelle Vereinigung" um das Oberhaupt der nordrussischen Teilrepublik Komi, Wjatscheslaw Gaiser, hochgenommen. Seit Samstag sitzt der Gouverneur in Untersuchungshaft. Die Fahnder nahmen Gaiser am Flughafen kurz vor dem Antritt einer Auslandsreise fest. Andere Verdächtige, insgesamt 19 Personen, wurden in Sotschi, St. Petersburg und Komis Hauptstadt Syktywkar arretiert.

Gaiser wird betrügerische Aneignung von Staatseigentum vorgeworfen. Er soll zukunftsreiche Unternehmen seiner Region über Haushaltsmittel subventioniert und dann an ihm nahestehende Firmen verkauft haben.

25 Jahre Haft drohen

Bei den mehr als 80 Hausdurchsuchungen konfiszierten die Ermittler eigenen Angaben nach Dokumente über Offshorefirmen mit Aktiva über eine Milliarde Rubel (1,34 Millionen Euro). Daneben beschlagnahmten sie 60 Kilogramm an Juwelen und Dutzende Uhren, von denen die teuerste angeblich eine Million Dollar wert ist. Ebenfalls pikant: Angeblich verhandelte der Gouverneur über den Kauf von zwei Privatflugzeugen. Ihm drohen 25 Jahre Haft.

Gaiser streitet alle Vorwürfe ab. Freilich ist er nicht der erste russische Gouverneur, der in die Mangel der Justiz gerät: Vor knapp einem halben Jahr gab es bereits einen Präzedenzfall, als die Polizei ebenso öffentlichkeitswirksam den Gouverneur von Sachalin, Alexander Choroschawin, nach millionenschweren Korruptionsvorwürfen festnahm.

Kampagne gegen Korruption

Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte, Präsident Wladimir Putin sei von den Verhaftungen im Vorfeld unterrichtet gewesen. Experten sprechen bereits von einer neuen Antikorruptionskampagne zur Imageverbesserung: Begrüßt die Mehrzahl der Russen derzeit die Außenpolitik, so "versucht der Kreml mithilfe des Falls Gaiser Punkte in der Innenpolitik zu sammeln", sagt der Politologe Abbas Galljamow.

Allerdings ist die Korruptionsbekämpfung ein zweischneidiges Schwert für die politische Führung: Die Affäre um Exverteidigungsminister Anatoli Serdjukow, gegen den trotz milliardenschwerer Veruntreuung in seiner Behörde bis heute kein Verfahren läuft, haben die meisten Russen noch im Kopf. Die Verfahren gegen Gaiser und Choroschawin werfen zudem angesichts der teils zehn Jahre zurückliegenden Vorwürfe Fragen über die lange Untätigkeit der Justiz und das Motiv der jetzigen Verfolgung auf.

Zumal das Saubermann-Image des Kreml durch das Festhalten an anderen in dubiose Skandale verwickelten Gouverneuren getrübt wird. So gibt es Indizien dafür, dass das Oberhaupt der Region Pskow, Alexander Turtschak, in die Misshandlung des Journalisten Oleg Kaschin verstrickt ist, womöglich als Auftraggeber. Doch bisher wurde er weder beurlaubt noch von den Ermittlern zu dem Anschlag befragt. (André Ballin aus Moskau, 21.9.2015)