ÖVP-Wahlkampf auf der Kennedybrücke: Zwei Mitarbeiter halten ein Transparent hoch.

Foto: Robert Newald

ÖVP-Spitzenkandidat Manfred Juraczka ist die kommenden Wochen noch täglich im Einsatz.

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Die Passanten stellen auch regelmäßig Fragen zu politischen Mitbewerbern wie der FPÖ.

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Das Thema Autofahrer wird im Wahlkampf besonders hervorgehoben.

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Wien – "Wird der Strache Bürgermeister?", fragt ein mittelalter Mann mit buntkariertem Hemd. Manfred Juraczka, ÖVP-Spitzenkandidat bei der Wien-Wahl, antwortet knapp: "Glaube ich nicht. Aber schauen wir mal." Juraczka redet dieser Tage viel lieber über schikanierte Autofahrer als über den politischen Gegner. Die Wiener ÖVP sucht die Nähe zu den Motorisierten – zum Beispiel auf der Kennedybrücke in Hietzing. "Stopp den Autofahrer-Schikanen" prangt auf meterlangen Bannern, die von Ehrenamtlichen in gelben Kapuzenjacken, die an Warnwesten erinnern, gehalten werden. Von den Autofahrern, die vorbeirauschen, nimmt das wohl kaum jemand wahr.

Die Tage bis zur Wien-Wahl am 11. Oktober beginnen für den 46-jährigen ÖVP-Politiker zeitig am Morgen und beinhalten viel Händeschütteln, Flyerverteilen und Smalltalk. Kurz vor der Wahl wollen die Wahlkampfthemen noch einmal lautstark unter die potenziellen Wähler gebracht werden – ein Steckenpferd ist etwa die Parkraumbewirtschaftung. Während in Plastik eingeschweißte Kugelschreiber raschelnd an die Passanten verteilt werden, redet sich Juraczka in Rage: "Da wird doch nur abkassiert. Eine Stunde parken an der Stadtgrenze kostet genau so viel wie im Stadtzentrum." Auch Tempo 30 auf mehrspurigen Hauptverkehrsrouten ist für ihn "schikanös". Elektrofahrzeuge will Juraczka ganz aus der Parkraumbewirtschaftung nehmen.

"Darf ich mir fünf nehmen?", ein Mann unterbricht Juraczka und steckt sich eilig einen Jahresvorrat an schwarzen ÖVP-Feuerzeugen in die Jackentaschen. Auch Nationalratsabgeordneter Wolfgang Gerstl sucht die Nähe zum Fußvolk. 20.000 Hausbesuche habe er laut eigenen Angaben im Rahmen seiner politischen Tätigkeit in den vergangenen Jahrzehnten absolviert. "Ich schätze das ehrliche Feedback", sagt er.

Mahü noch Wahlkampfthema

"Ein Skandal" ist für Juraczka immer noch die Begegnungszone in der Mariahilfer Straße. "Die Leute haben sich entschieden", räumt der ÖVP-Politiker ein. Jedoch wurde in seinen Augen nicht die gesamte Bürgerbefragung umgesetzt: Der Wunsch nach Querungen sei ignoriert worden.

Auch andere von den Grünen angedachte Fußgängerzonen lehnt er strikt ab: "Die Ringstraße, die Gumpendorfer Straße, die Praterstraße, die innere Favoritenstraße, die Gablenzgasse, die Goldschlagstraße: Wenn das alles so passieren würde, hätten wir ein Problem in Wien. Ein Verkehrschaos wäre die Folge."

Den Wienern und Pendlern sollen jedoch Alternativen zum Auto gegeben werden, aber "ohne Zwang", wie Juraczka betont, der selbst keine Jahreskarte für die Öffis besitzt. Park-and-ride-Anlagen sollen etwa ausgebaut werden.

Aber ganz will ihn das Thema Strache dann doch nicht loslassen. "Über den Dreieckständer mit dem Spruch 'Sicherheit für unsere Leute statt Öffnung für Kriminelle' habe ich mich geärgert. Das vermittelt den falschen Eindruck", sagt er.

Eine ältere Frau mischt sich in das Gespräch ein. Sie ist sichtlich erregt. "Mir hat nach dem Krieg auch keiner geholfen", schimpft sie in Bezug auf die Flüchtlinge aus Syrien. Denen, die da sind, müsse geholfen werden, sagt Juraczka. "Dass man nicht alle aufnehmen kann, sei jedoch auch klar", ergänzt der Politiker.

Manfred Juraczka bestätigt nicht zum ersten Mal, dass die FPÖ ähnliche Ansichten in der Verkehrspolitik habe. Aber "Knackpunkte gibt es mit jeder Partei", betont er. Bei der SPÖ sei das zum Beispiel die Wirtschaftspolitik, da gebe es viele "hausgemachte Fehler". Je nach Wahlausgang würde er jedoch mit allen Parteien verhandeln: "Eine Koalition ist keine Liebesheirat." (Julia Schilly, 26.9.2015)