Florian Haslinger und seine Mit-Forscherinnen Anna-Sophie Fritz und Johanna Wolf.
Wenn es "das Fremde" geben soll, dann muss es auch "das Bekannte" geben. Was aber ist dieses Heimische, das Eigene, das das Abend- vom Morgenland abgrenzt?
Diese Frage stellen sich drei Archäologen auf der Bühne des Theaters Drachengasse. Sie wollen in einer nicht näher bestimmten Wüste ein Relikt finden, das den Ursprung des Westens darstellen soll. Nur: Schon der Weg zum Ausgrabungsort ist in dem Stück Abendsand beschwerlich.
Die Gruppe stolpert über Sprachkrisen und Identitätsillusionen, gerät in Sandstürme und flegelt sich über schwierigen Entscheidungen an. Als die von Anna-Sophie Fritz, Florian Haslinger und Johanna Wolf Gespielten schließlich doch ankommen und ein Objekt ausbuddeln, scheitern dann auch noch alle Übersetzungsversuche, und die Bedeutung des Begriffs "Abendland" kommt ihnen vollends abhanden.
Mit der Uraufführung gelingt dem Team um Regisseurin Milena Michalek ein zeitweise sehr komischer, schön absurder Abend. Die Zuseher dürfen Angela-Merkel-Zitate vernehmen und allerhand Versuchen beiwohnen, die Wurzeln des Westens zu bestimmen. Unter anderem wird in individueller Monotonie zu Neujahrskonzertmusik getanzt – über mindestens zehn Minuten, die Schauspieler wie Publikum fordern. Einsame Tänze bis zur Erschöpfung: Diese Einlage kommt dem gegenwärtigen Zustand des Abendlandes erschreckend nahe. (kf, 22.9.2015)