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Am Tag danach verneigt sich auch Europas Presse vor dem polnischen Nationalstürmer.

Foto: EPA/GEBERT

München/Warschau/Zürich – Am Tag nach dem unglaublichen Torzauber ist Robert Lewandowski auf Autogrammjagd gegangen. Nachdem der Rekordmann seine Galavorstellung in der deutschen Bundesliga mit einem Dauergrinsen und dem Spielball unter dem Arm beendet hatte, wollte er das Erinnerungsstück am Mittwoch mit weiteren Schriftzügen seiner Bayern-Kollegen verzieren lassen.

"Das ist eine große Geschichte in meinem Leben und auch für Bayern. Das war Wahnsinn", sagte der polnische Teamstürmer nach seinen fünf Toren beim 5:1 (0:1) gegen den VfL Wolfsburg. Niemals war ein Spieler bei Hattrick, Viererpack und Fünferpack in mehr als einem halben Jahrhundert deutscher Bundesliga so schnell. Und das mit nur zehn Ballkontakten in neun Minuten.

51, 52, 55, 57, 60 lauteten die Torminuten, die die Stationen eines selbst für den langjährigen Messi-Trainer Pep Guardiola unbeschreiblichen Festakts darstellten. "Ich verstehe das nicht. Ich habe noch nie so eine Situation erlebt, weder als Trainer noch als Spieler. Fünf Tore in neun Minuten", sagte der Bayern-Coach, der nach dem fünften Treffer die Hände über dem Kopf zusammenschlug.

Die Liebe zum Spiel

"Wahnsinn, das gab's noch nie und wird es wahrscheinlich auch so schnell nicht mehr geben", staunte Bayern-Torjäger Thomas Müller. "Aber das ist Fußball, und deswegen lieben wir das Spiel."

Für den Gegner war das Spiel nur noch brutal: Denn der VW-Klub, der in den irrwitzigen Torminuten rauschend abstürzte wie die Konzernaktie dieser Tage an der Börse, war bis zur Einwechslung von Lewandowski auf einem vielversprechenden Weg. Daniel Caligiuri hatte den Cupsieger in der 26. Minute in Führung gebracht. Nach einem Neuer-Ausflug bis zur Mittellinie hätten die Gäste mit einem 56-Meter-Schuss sogar fast das 2:0 erzielt. Später setzte der kollektive Tiefschlaf ein.

"Was soll ich sagen? Ein Weltklassestürmer hat fünfmal aufs Tor geschossen und hätte siebenmal treffen können. Aber das darf natürlich nicht passieren, bei aller Qualität", sagte VfL-Coach Dieter Hecking. "Zu seinem Können und seinem Lauf haben wir auch gütig mitgeholfen", urteilte Wolfsburgs Manager Klaus Allofs nach der "schmerzlichen" Demütigung.

Keine sieben Goals? "Enttäuschend"

Mit fünf Toren in 21 Minuten war Dieter Hoeneß bisher der Fünferpack-Rekordhalter, bis ihn Lewandowski am Mittwochabend ablöste. "Ich spiele auch schon ein paar Jahre Fußball und habe davor viel Fußball angeschaut. So was habe ich noch nie gesehen", sagte Philipp Lahm, der vor einem Jahr beim 7:1 des späteren Weltmeisters Deutschland gegen Brasilien im WM-Halbfinale dabei war. Damals lagen immerhin 18 Minuten zwischen dem 1:0 und dem 5:0; die Tore erzielten vier Spieler.

Bei Lewandowski ging alles noch flotter, und es wäre sogar noch mehr möglich gewesen. "Man muss kritisch bleiben. Er hat dann einfach nachgelassen, hatte noch zwei Riesenchancen. Dass er heute nicht mit sieben Toren heimgeht, ist wirklich enttäuschend", lautete der ironische Kommentar von Lahm. Den sechsten Lewandowski-Treffer nach Flanke von David Alaba verhinderte in erster Linie Wolfsburg-Verteidiger Ricardo Rodriguez mit einer akrobatischen Fußabwehr auf der Linie (69.).

Schneller als eine Maß

Klubpräsident Karl Hopfner stellte Lewandowskis Schuhen bei weiteren Galaauftritten einen Platz im Vereinsmuseum in Aussicht. Und Lewandowskis hilfreiche Kollegen hätten sich für den nahenden Oktoberfestausflug der Mannschaft eine kräftige Einladung verdient. "Ich werde ihn mal darauf ansprechen, alle sind eingeladen", scherzte Mario Götze. Der Torjäger selbst, der schneller fünf Tore schießt, als ein normaler Mensch eine Wiesn-Maß trinkt, wiegelte erst einmal ab. "Wir haben alle drei Tage ein Spiel, da ist Regeneration sehr wichtig", sagte Lewandowski. Irgendwie mussten sich alle erst einmal von diesem Torwahnsinn erholen. Vor allem die Wolfsburger, für die die 18. Niederlage im 20. Match bei den Bayern die bisher bitterste war. (APA, red, 23.9.2015)

Die Pressestimmen

Deutschland:

"Berliner Zeitung": "Wie im Traum. Pep Guardiola schlug die Hände über der kahlen Stirn zusammen, sein Mund stand offen. Wie die 75.000 Zuschauer in der Münchner Arena konnte der Trainer des FC Bayern nicht glauben, was er gerade gesehen hatte. Oder hatte er es vielleicht geträumt? Nein, fünf Tore in neun Minuten waren tatsächlich gerade gefallen, eine Wahnsinns-Show, für die allein der erst zur zweiten Hälfte eingewechselte Robert Lewandowski zuständig gewesen war."

"Bild": "Lewandowski-Wahnsinn – 5 Tore in 9 Minuten."

"Süddeutsche Zeitung": "Der Ein-Mann-Tornado. Eine Halbzeit lang zeigt Wolfsburg dem FC Bayern die Grenzen auf. Doch dann dreht der erst zu Pause eingewechselte Robert Lewandowski die Partie – und wie: Mit dem schnellsten Fünferpack der Bundesliga-Geschichte besiegelt er in neun Minuten im Alleingang das 5:1."

Polen:

"Super Express": "Robert Lewandowski demolierte den VfL Wolfsburg. Fünf Tore in neun Minuten!"

"Fakt": "Lewandowski entzückte nicht nur mit der Zahl seiner erzielten Tore, sondern auch mit dem unglaublichen Tempo, in dem er sie schoss. Der Pole hat Rekorde gebrochen!"

"Rzeczpospolita": "Nie zuvor hat jemand in der Bundesliga so schnell drei Tore in Serie erzielt. Doch Lewandowski ließ es dabei nicht bewenden. Nach weiteren fünf Minuten konnte er sich für fünf Tore rühmen."

Schweiz:

"Blick": "Oktoberfest in München. Lewa nimmt 5 Mal Maß. O'zapft is! Fünf Tore in neun Minuten. Robert Lewandowski bricht gegen Wolfsburg alle Rekorde."