Wolfgang Kos (66) war u. a. Mitbegründer der Radiosendung "Musicbox" und veranstaltete mit Edek Bartz von 1983 bis 1991 das Avantgardemusikfestival "Töne und Gegentöne". 2003 wurde er Direktor des Wien-Museums.

Foto: Heribert Corn

STANDARD: Warum eine Ausstellung nur über die Galerie Pakesch? Es gab damals ja auch andere wichtige Galerien .

Kos: Natürlich! Aber seine war vermutlich die, von der der meiste Schwung ausging. Er kam 1981 als Neuling nach Wien, war mit niemandem verhabert, zeigte ausschließlich junge Künstler, baute sie konsequent auf. Er war der Erste, der offensiv kommerziell war, er ging konsequent auf Messen, fand seine Sammler, die es ja in Österreich noch kaum gab, in Belgien, Italien, Deutschland. Außerdem hat Peter mit seiner Galerie vor mehr als zwanzig Jahren aufgehört, es ist eine abgeschlossene Geschichte. Zum Glück hat er alle Plakate, tausende Fotos und den Faxaustausch mit Künstlern aufgehoben. Dieses so wertvolle Archiv hat er dem Wien-Museum geschenkt. So kam es zur Ausstellung.

STANDARD: Haben Sie die Ausstellung bewusst an das Ende Ihrer Museumstätigkeit gesetzt?

Kos: Ja, denn es ist eine autobiografische und daher meine persönlichste Ausstellung; das birgt auch Risiken. Ich bin Zeitzeuge, war als Journalist dabei. In seiner Galerie gab es für mich Augenöffnungen! Seither interessiere ich mich für Gegenwartskunst. Ich hoffe, die Ausstellung ist auch kunstsoziologisch spannend. Wir haben die Kunst der 1980er-Jahre auch eingebettet in die neue Lokalszene Wiens. Man spürt den Aufbruch der Stadt. Es ist ein Versuch, einen neuen Ausstellungstypus zu kreieren.

STANDARD: Nämlich?

Kos: Nicht nur Kunstwerke zu zeigen, das können Kunstmuseen besser. Doch ihnen fehlt das Material, um den soziologischen, kulturzeitgeschichtlichen Kontext herzustellen. Wir können Hintergründe zeigen, wir haben Notizen, Preislisten und Original-Ausstellungsskizzen von Kabakow bekommen, man sieht hinter die Kulissen des Kunsthandels.

STANDARD: Ist es eine Gemeinschaftsausstellung Pakesch/Kos?

Kos: Nein. Ich glaube, dass ein Akteur, dem eine Ausstellung gewidmet ist, nicht mitkuratieren kann. Das ist ja keine Autobiografie von Pakesch. Es gibt auch kritische Töne, etwa, dass nur wenige Frauen dabei waren. Das hätte er wahrscheinlich nicht so erzählt.

STANDARD: Ganz ohne Pakesch wird's auch nicht gegangen sein?

Kos: Die Entscheidungsebene, was wir zeigen, lag ausschließlich bei mir, ich erzähle ja die Geschichte. Aber ohne seine Beratung hätten wir oft nicht gewusst, wer auf einem Foto zu sehen ist, von wem die Plakate stammen. Keine andere Galerie hat übrigens so großartige Plakate gemacht, das waren lauter Künstlerplakate. Ohne Peters Hilfe hätte ich auch nie gewusst, in welchen Privatsammlungen Werke seiner Künstler sind. Andererseits haben wir Fernsehberichte organisiert, an die Peter sich vielleicht nicht mehr erinnern kann. Es gibt auch einen von Thomas Mießgang kuratierten Musikraum, viele Künstler wie Brandl oder Rockenschaub waren ja auch Musiker in Post-Punk-Bands. Ich kannte viele als Musicbox-Redakteur, sonst hat die ja niemand gespielt im Radio.

STANDARD: Wie fühlt es sich an, dass Sie in wenigen Tagen Ihr Büro räumen müssen?

Kos: Ich gehe melancholisch und glücklich. Ich bin ja ein Workaholic und habe zuletzt nichts anderes gemacht, als für dieses Museum zu arbeiten, obwohl ich laut Vertrag ein Drittel meiner Arbeitszeit etwas anderes hätte tun dürfen. Ich habe das nicht ausgenutzt, nichts geschrieben – außer für unsere Ausstellungskataloge. Jetzt kann ich wieder internationale Sachen machen, die nichts mit Wien zu tun haben. Ich bin ja Zeitgeschichtler, kein Stadthistoriker, ich weiß bis heute nicht, welcher Architekt welche Kirche gebaut hat. Ich habe auch schon ein Buchprojekt abgeschlossen. Aber ich bin sowieso dafür, dass man Lebensabschnitte hat, die man bricht, um dann etwas ganz anderes zu machen. Ich erkläre es gern so: In der Musicbox und bei Diagonal war ich gleichberechtigt in einer Combo. Jetzt habe ich zwölfeinhalb Jahre eine Bigband leiten dürfen. Und jetzt bin ich erstmals Solist. (Andrea Schurian, 23.9.2015)