Wien/Linz – Gerade noch fünf bis sieben Prozentpunkte trennen ÖVP und FPÖ in den letzten, in der Vorwoche veröffentlichten Umfragen zur Oberösterreich-Wahl. Die FPÖ dürfte am Sonntag also nicht nur die SPÖ überholen und erstmals Zweite werden, sondern auch den Abstand zur ÖVP drastisch verkürzen. Bisher war die ÖVP immer um mehr als 20 – zuletzt sogar um 31,5 – Prozentpunkte besser als die FPÖ.

Die FPÖ hielt sich in Oberösterreich zwar seit dem ersten Antreten der Vorgängerpartei 1949 immer im Landtag, aber mit – auch parteiintern – mittelmäßigen Werten immer klar hinter ÖVP und auch der SPÖ. 1985, ehe Jörg Haider die Bundespartei übernahm, war die FPÖ (mit nur 5,0 Prozent) sogar 47,1 Punkte vom ersten Platz, gehalten von der ÖVP, entfernt. Aber schon zwei Wahlen später war sie ÖVP und SPÖ so nah wie nie: 1997 lag sie um nur mehr 6,4 Prozentpunkte hinter der abgestürzten SPÖ und um 22,1 hinter der ÖVP, die damals mit dem bisher schwächsten Wert der Zweiten Republik ausstieg.

Historische Schlappe für SPÖ 2009

Für die ÖVP war das erst das dritte Mal (bei bisher zwölf Wahlen), dass der Abstand zur FPÖ weniger als 30 Punkte ausmachte. Dreimal, von 1973 bis 1985, wählten sogar um mehr als 40 Prozentpunkte mehr Oberösterreicher schwarz als blau.

Die SPÖ – die ja 1967 sogar knapp Erste und sonst immer Zweite war – lag bisher immer ziemlich weit vor der FPÖ. Die aktuell 9,7 Punkte Abstand sind der zweit-kleinste, sonst war er immer zweistellig, zumeist über (viermal) oder ganz nah (dreimal) an der 30er-Marke. Der ÖVP war die SPÖ damit meist sehr nah. Am weitesten entfernt vom ersten Platz ist die SPÖ seit der Schlappe bei der vorigen Wahl im Jahr 2009, mit 21,8 Punkten Abstand zur ÖVP.

Regierungszusammenarbeit mit FPÖ

Die ÖVP wird die FPÖ laut Experten nach der Landtagswahl bei der Regierungszusammenarbeit nicht völlig ignorieren können. Sollten die Zugewinne am Sonntag tatsächlich eintreffen, werde es schwierig sein, die FPÖ nicht zu berücksichtigen, meint OGM-Chef Wolfgang Bachmayer.

Sollte die FPÖ – was laut Umfragen sehr wahrscheinlich ist – tatsächlich drei der neun zu vergebenden Regierungssitze erobern, werde es realpolitisch schwer zu argumentieren sein, nicht mit der FPÖ zusammenzuarbeiten, sagt Meinungsforscher Peter Hajek (Public Opinion Strategies). Das gilt laut einhelliger Meinung der Experten auch für den Fall, dass sich rechnerisch eine Fortsetzung der schwarz-grünen Zusammenarbeit ausgeht.

Ähnlich argumentieren Bachmayer und der Politberater Thomas Hofer (H & P Public Affairs). Sollte die FPÖ tatsächlich so stark zulegen, "wäre es politisch schwierig, sie nicht zu berücksichtigen", sagt Bachmayer. Ähnlich sieht es Hofer: "Wenn die Zuwächse der FPÖ sich wirklich realisieren, ist es – selbst dann, wenn die Grünen ihren Regierungssitz behalten – für die ÖVP schwierig, an drei FPÖ-Landesräten vorbeizuregieren."

Für ein mögliches Szenario nach der Wahl halten die Meinungsforscher eine breite Zusammenarbeit mehrerer Parteien im Sinne einer Konzentrationsregierung. Sollte die ÖVP der FPÖ ein Angebot machen, in der Regierung mitzuarbeiten, sei es schwer vorstellbar, dass etwa die SPÖ sagt, sie macht nicht mit, meinte Hajek. In Oberösterreich werden die Landesratsposten nach Proporz vergeben, jede stärkere Partei bekommt Regierungssitze. (APA, 24.9.2015)